Alle Storys
Folgen
Keine Story von Börsen-Zeitung mehr verpassen.

Börsen-Zeitung

400000 Luftschlösser, Kommentar zum Immobilienmarkt von Karin Böhmert

Frankfurt (ots)

Das Versprechen von Bundeswirtschaftsminister Ro­bert Habeck (Grüne), bundesweit 400000 neue Wohnungen pro Jahr entstehen zu lassen, ist ein Reizthema. Fachleute reiben sich die Augen, wie das plötzlich gelingen soll. Laut dem Gutachten des Zentralen Immobilienausschusses (ZIA) sind im vergangenen Jahr 316000 Wohnungen gebaut worden, was nur ein Anstieg um 3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ist. Wegen der langen Bauzeiten sei das Ziel von jährlich 400000 neuen Wohnungen in dieser Legislaturperiode kaum erreichbar, sondern erst nach 2025, sagt der Mitautor des Gutachtens, Harald Simons.

Die Aufgabe, die sich die Re­gierung mit dem Versprechen vorgenommen hat, ist angesichts der vielen Hürden im­mens, die nun überraschend flugs beseitigt werden sollen: Planungs- und Genehmigungsverfahren sollen beschleunigt, die Verwaltung digitalisiert und natürlich die Bürokratie abgebaut werden. Das hat man alles schon mal gehört. Selbst wenn das gelingen und zur Beschleunigung von Bauvorhaben führen sollte, sind neue Auflagen zu erfüllen - etwa zum Erreichen der Klimaschutzziele energieeffiziente, aber teure Heizungsanlagen, umfangreiches Dämmen oder Solarpflicht auf Dächern. Schließlich ist das Re­gu­lierungs­fieber, Stichwort Mietendeckel, bundesweit nicht abgekühlt.

Lässt Habeck somit Luftschlösser bauen? Um "Schlösser" kann es sich mit Blick auf die Preise durchaus handeln. Während die Mieten für Neuverträge 2021 um 3,7 Prozent stiegen, kletterten die ohnehin schon hohen Preise für Eigentumswohnungen um 14,3 Prozent. Dies sei durchaus beängstigend, erklären die Gutachter, die vor Käufen warnen, da keine Rendite zu erreichen sei. Der Effekt dieser Preisspirale ist bereits sichtbar: Es werden nur noch immer kleinere Wohnungen gebaut oder bei Größen über 100 qm gibt es einen Aufschlag auf die Miete oder den Preis. Vor 15 bis 20 Jahren hätten 60 bis 80 Prozent der Neubauwohnungen über vier und mehr Räume verfügt. Heute seien es nur noch 20 bis 40 Prozent und das überwiegend im sehr hochpreisigen Segment, berichtet Simons. Für Familien erscheint es nicht mehr tragbar, auf 60 oder 80 qm ehemaligen Single-Wohnungen zu leben, und sie ziehen aufs Land, wo die Preise anziehen, während die Städte veröden.

Kann das Platzen einer Immobilienblase die Preisspirale beenden und Wohnraum bezahlbar machen? Die Experten wollen eine Blase nicht herbeireden, doch die Zinsentwicklung könnte eine Korrektur einleiten. Oder Habeck lässt tausende "bezahlbare" kleine "Schuhschachteln" bauen, um sein Versprechen einzulösen.

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de

Original-Content von: Börsen-Zeitung, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Börsen-Zeitung
Weitere Storys: Börsen-Zeitung
  • 14.02.2022 – 20:30

    Flucht aus dem Risiko, Kommentar zum Aktienmarkt von Christopher Kalbhenn

    Frankfurt (ots) - Die Furcht vor einer Eskalation des Ukraine-Konflikts hat die Anleger zum Wochenauftakt in die Flucht gejagt: raus aus Risiko-Assets wie Aktien und in sichere Anlageformen wie Staatsanleihen, Schweizer Franken und Gold. Wie nervös die Stimmung an den Märkten ist, zeigt der Volatilitätsindex VStoxx, der ein Indikator für Investorenangst ist und um ...

  • 11.02.2022 – 19:14

    Zinsrisiken für Aktien, Marktkommentar von Christopher Kalbhenn

    Frankfurt (ots) - Die Anleiherenditen scheinen auf ihrer Klettertour kein Halten zu kennen. Am Donnerstag hat die laufende Verzinsung der zehnjährigen Bundesanleihe die Marke von 0,30 % erreicht, ihr US-Gegenstück die Schwelle von 2 %. Getrieben wird die Entwicklung von der weiter anziehenden Inflation, mit der die Zinserhöhungserwartungen zusehends geschürt ...

  • 10.02.2022 – 20:30

    Zusätzliches Potenzial, Kommentar zur Deutschen Börse von Christopher Kalbhenn

    Frankfurt (ots) - Mit einem Minus der Aktie von 1,1 Prozent haben die Marktteilnehmer am Donnerstag nicht gerade euphorisch auf die Jahreszahlen und den Ausblick der Deutsche Börse reagiert. Dabei war das, was der Marktbetreiber auftischte, durchaus mehr als solide. Der Grund des lauwarmen Echos am Aktienmarkt ist die Tatsache, dass die Zahlen die Markterwartungen ...