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Entfesselungskunst, Kommentar zur Energiepolitik von Stefan Paravicini

Frankfurt (ots)

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und die für Energie- und Klimapolitik zuständigen Fachabteilungen in seinem Superministerium müssen sich in diesen Wochen in mehrfacher Hinsicht als Entfesselungskünstler beweisen. Denn spätestens seit der russischen Invasion in der Ukraine ist klar, dass sich Deutschland aus der Abhängigkeit von Energieimporten aus Russland lösen muss, um seine geopolitische Handlungsfähigkeit wiederzuerlangen. Habeck reiste zu diesem Zweck schon nach Skandinavien, an den Persischen Golf und in die USA, um Flüssiggas herbeizuschaffen. Schon vor dem russischen Angriff auf die Ukraine war klar, dass Deutschland auch die bürokratischen Fesseln für den Ausbau der erneuerbaren Energien lösen muss, um seine ambitionierten Klimaziele erreichen zu können. Den ersten Schritt auf der gesetzgeberischen Reise zur Entfesselung der Energien hat die Ampel-Koalition am Mittwoch gemacht.

Das Kabinett brachte das von Habeck vorgelegte "Osterpaket" mit einer Reihe von Gesetzesvorhaben inklusive einer Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) auf den Weg. Das mehr als 500 Seiten starke Paket ist nicht nur dem Umfang nach das wohl größte energiepolitische Gesetzesvorhaben seit dem Inkrafttreten des EEG vor 22 Jahren. Denn die Bundesregierung legt in der Novelle unter dem Eindruck von Klimakrise und Krieg in der Ukraine ambitionierte Ausbauziele für die Wind- und Sonnenenergie fest. Sie verankert außerdem den Grundsatz, dass die erneuerbaren Energien im überragenden öffentlichen Interesse sind und der öffentlichen Sicherheit dienen, was die Abwägung von Schutzgütern in Genehmigungsverfahren beschleunigen soll. Bis 2035 soll die Stromerzeugung in Deutschland dann nahezu klimaneutral erfolgen.

Das Osterpaket schafft dafür wichtige Voraussetzungen, entscheidende Fragen sind aber offen. Das sieht nicht nur die FDP so, die dem Gesetzespaket im Kabinett unter Vorbehalt zugestimmt hat und im parlamentarischen Verfahren Details zum Ausbaupfad nach 2030 klären will. Auch die Energiebranche reagiert verhalten, weil etwa für die Beschleunigung von Planungsverfahren Hindernisse wie die Abstandsregeln für Windenergie an Land noch überwunden werden müssen. Das soll in Absprache mit den Bundesländern im Mai geschehen, statt wie bisher geplant erst im Sommer. Ein weiteres Gesetzespaket soll trotzdem noch vor der Sommerpause kommen. Die Vorgängerregierung hat in der Energiepolitik viele Fesseln hinterlassen.

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