Rishi Rich kehrt zurück, Kommentar zu Großbritannien von Andreas Hippin
Frankfurt (ots)
Boris Johnson hat es wohl doch nicht so erst gemeint mit einer erneuten Kandidatur für die Parteispitze. Zwar eilte er aus dem Urlaub in der Dominikanischen Republik zurück ins herbstliche London. Doch ging es ihm wohl nur darum, im Gespräch zu bleiben, um weitere lukrative Auftritte als Gastredner zu bekommen und sein nächstes Buch zu bewerben. Zum dritten britischen Premierminister des Jahres gekürt zu werden, ist dagegen wenig attraktiv, zumal spätestens im Januar 2025 Unterhauswahlen stattfinden müssen. Bis dahin stehen Steuererhöhungen und schmerzhafte Einschnitte an, die eine Wiederwahl der Tories unwahrscheinlich machen. Das ist auch dann klar erkennbar, wenn man nicht über Johnsons politischen Überlebensinstinkt verfügt.
Johnsons ehemaliger Schatzkanzler Rishi Sunak wird nun den Ausputzer machen, nachdem die einzige verbliebene Gegenkandidatin Penny Mordaunt nicht die nötige Unterstützung aus der Unterhausfraktion bekam, um gegen ihn antreten zu können. Danken wird es ihm wohl keiner. Und am Ende seiner Amtszeit steht vermutlich die Schlüsselübergabe an eine Labour-Regierung, schließlich liegt die größte Oppositionspartei in Meinungsumfragen mehr als 30 Prozentpunkte vorn. Aber der Hoffnungsträger der Konservativen stellt damit seine politische Ernsthaftigkeit unter Beweis. Anders als Johnson und David Cameron, der sich nach dem EU-Referendum überstürzt aus dem Amt verabschiedete, ist er auch dann bereit, Verantwortung zu übernehmen, wenn es seinen Beliebtheitswerten in den Meinungsumfragen nicht dienlich ist.
Es ist ein erstaunliches Comeback. Erst im vergangenen Monat hatte er im Kampf um die Parteispitze gegen Liz Truss den Kürzeren gezogen. Für Global Britain ist es ein großer Schritt voran. Erstmals übernimmt ein Nachkomme von Einwanderern aus den ehemaligen Kolonien das Amt des Premierministers. Ihm ist zu wünschen, dass es zu keiner Neuauflage der bösartigen Kampagne gegen seine Frau, die Tochter von Infosys-Gründer Narayana Murthy, und ihn kommt. Es ging dabei wie so oft um eine imaginäre globale Elite, die sich ihren Pflichten gegenüber den ehrlichen und hart arbeitenden einfachen Menschen entziehen will. Seine Frau geriet ins Visier, weil sie nach all den Jahren immer noch keinen britischen Pass hat und Steuern auf Einkünfte aus ihrer Infosys-Beteiligung in Indien zahlt. "Rishi Rich" wurde vorgeworfen, eine Green Card besessen zu haben, als er sein Amt als Schatzkanzler antrat, und damit zumindest theoretisch den Vereinigten Staaten verpflichtet gewesen zu sein. Was solche Ressentiments angeht, unterscheiden sich Linkspopulisten nicht groß von der extremen Rechten.
Will er das Land wieder auf die Erfolgsspur setzen, muss er eine möglichst breite Koalition innerhalb seiner Partei schmieden. Seine Aufgaben sind klar: Das öffentliche Gesundheitswesen steht bereits vor dem Kollaps, obwohl der Winter noch gar nicht angefangen hat. Es herrscht Krieg auf dem europäischen Kontinent. Die Energieversorgung ist nicht gesichert. Die schwächsten Haushalte müssen in der Krise ausreichend unterstützt werden. Schafft er all das, ist ihm ein Platz in den Geschichtsbüchern sicher.
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