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Börsen-Zeitung: Leitartikel zur Situation bei der Dresdner Bank von Markus Frühauf: Comeback der Dresdner Bank

Frankfurt (ots)

Die Stimmung in der Dresdner Bank ist nach den
tiefen Einschnitten der vergangenen Jahre auf einem Tiefpunkt. Die
Belegschaft ist binnen drei Jahren um mehr als ein Drittel
geschrumpft. Die Rolle innerhalb des Allianz-Konzerns war die des
Sorgenkindes. Doch die Rosskur war nicht vergeblich, was die
Ergebnisse des ersten Quartals beweisen, in dem die Dresdner Bank mit
einem operativen Gewinn von 170 Mill. Euro das beste Quartalsresultat
seit der Übernahme durch die Allianz erzielte. Die drei strategischen
Kernbereiche – Privat- und Geschäftskunden, Firmenkunden und
Investmentbank – verdienen derzeit ihre Kapitalkosten von 8,85% nach
Steuern. Beim Kostenabbau kommt die Bank schneller voran als
ursprünglich geplant. Von den bis Ende 2005 wegfallenden 4700 Stellen
wurden bislang bereits zwei Drittel abgebaut.
Die Dresdner Bank strebt in diesem Jahr ein positives Ergebnis
nach Steuern und vor Restrukturierungskosten an. Letztere werden
zwischen 150 Mill. und 180 Mill. Euro veranschlagt. Bei einem
Risikokapital von derzeit knapp 9 Mrd. Euro müsste sich das Ergebnis
der drei strategischen Einheiten, wenn sie ihre Kapitalkosten
verdienen wollen, auf rund 800 Mill. Euro summieren. Davon wird ein
beträchtlicher Teil von den „Abwicklungseinheiten“ Corporate
Investments, in der die nicht mehr zum strategischen Geschäft
gehörenden Finanzanlagen gebündelt sind, sowie Institutional
Restructuring Unit (IRU), der Kreditwerkstatt, aufgezehrt. Hinzu
kommen die Kosten aus dem Corporate Center, die nicht auf die
einzelnen Sparten umgelegt werden können. Das dann verbleibende
Ergebnis vor Restrukturierungskosten wird nicht den Kapitalkosten
entsprechen, unterm Strich wird einmal mehr ein Fehlbetrag stehen.
Dieser wird aber deutlich geringer sein als die Milliardendefizite in
den beiden Vorjahren. Ohne Zweifel, die Rosskur der Dresdner Bank,
die im August 2003 mit dem Programm „Neue Dresdner“ noch einmal
intensiviert wurde, hat angeschlagen. Nun ist es an der Zeit, die
Bank als integralen Bestandteil des Allianz- Konzerns stärker zu
akzentuieren.
In der jüngeren Vergangenheit spiegelte sich in der Misere der
Dresdner Bank die allgemeinen Krise der deutschen Kreditwirtschaft
wider. In dem Baisse-Umfeld, unter dem auch Versicherer zu leiden
hatten, konnte das Allfinanz-Modell nicht gedeihen. Nach den
Aufräumarbeiten in Frankfurt und München gilt es nun, den Markt davon
zu überzeugen. Ein erster Schritt könnte sein, die Bedeutung der drei
strategischen Bereiche der Bank für den Gesamtkonzern zu betonen.
Eine zentrale Rolle spielt dabei die Dresdner-Sparte Private Kunden
und Geschäftskunden. Für die Allianz geht es hier nicht nur um die
5,3 Millionen Bankkunden, sondern auch um die eigenen 14 Millionen
Privatkunden im Inland. Deren Gelder sollen – zum Beispiel nach
Auszahlung der Lebensversicherung – künftig in der Gruppe bleiben und
nicht bei Sparkassen oder anderen Konkurrenten landen. Dass der
Allianz-Außendienst erst seit dem 1.April über eine technische
Plattform verfügt, die den Vertrieb von Bankprodukten erleichtert,
wenn nicht sogar erst ermöglicht, verwundert dann doch. Vor allem
deshalb, weil die Dresdner Bank seit der Übernahme ihre Erträge aus
dem Versicherungsgeschäft auf mehr als 120 Mill. Euro verdreifacht
hat.
Auf den ersten Blick ist für das Kerngeschäft der Allianz die
Investmentbank Dresdner Kleinwort Wasserstein (DrKW) am ehesten
verzichtbar. Doch der immer wieder am Markt gespielte Verkauf dürfte
sich nur schwer realisieren lassen. Die Geschäftsausrichtung von DrKW
ist regional auf Europa fokussiert. Wollen sich Konkurrenten auf
diesem Feld verstärken, reichen auch gezielte Abwerbungen. Erst vor
wenigen Wochen wechselten zehn Deutschland-Experten von DrKW zu
Credit Suisse First Boston.
Als Anbieter von betrieblicher Altersvorsorge und als
Industrieversicherer kann die Allianz auch vom Firmenkundengeschäft
der Dresdner Bank profitieren. Deren Fokus liegt auf dem gehobenen
Mittelstand, der in Zukunft auch auf die Kapitalmarktexpertise einer
schlagkräftigen Investmentbank angewiesen sein wird. Denn der
klassische Kredit wird zunehmend durch kapitalmarktnahe
Finanzierungsformen ersetzt. Mit DrKW kann die Allianz derzeit
zufrieden sein: Die Investmentbank arbeitet seit eineinhalb Jahren
profitabel, verdient die Kapitalkosten und nützt derzeit nicht ihren
Kapitalrahmen von 2,4 Mrd. Euro aus. Auch das Firmenkundengeschäft
präsentiert sich in ähnlich guter Verfassung, im ersten Quartal legte
das Segmentergebnis um mehr als 50% zu. „Allianz versichert“ waren
die ersten drei Jahre für die Dresdner Bank ein sehr schmerzlicher
Prozess. Auf der Pressekonferenz anlässlich des Programms „Neue
Dresdner“ sprach Vorstandsvorsitzender Herbert Walter noch davon,
dass das Schiff Dresdner Bank zwar in die richtige Richtung fahre,
aber noch nicht über den Berg sei. Um in diesem schrägen Bild, das
Werner Herzogs Streifen „Fitzcarraldo“ entliehen ist, zu bleiben,
befindet sich das „Schiff“ weniger als zwölf Monate später in
unmittelbarer Nähe der Gipfelstation. Oder treffender gesprochen: Das
Gröbste hat die Dresdner Bank hinter sich. Dies muss die
Führungsmannschaft um Walter der Belegschaft, deren Selbstbewusstsein
stark gelitten hat, jetzt vermitteln. Nun ist es an der Zeit, dass
die Dresdner Bank wieder neuen Mut schöpft, um eine selbstbewusste
Rolle einzunehmen – sowohl am Markt als auch im Konzern.
(Börsen-Zeitung, 22.7.2004)
ots-Originaltext: Börsen-Zeitung

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