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Börsen-Zeitung: One Shell, one Share, Kommentar zur Restrukturierung des Royal Dutch/Shell-Konzerns, von Walther Becker

Frankfurt (ots)

Eine feine Sache für die League Tables der
Investmentbanker: ABN Amro, Citigroup, Deutsche Bank und Rothschild
können sich den Deal im Volumen von 150 Mrd. Euro gutschreiben. Doch
halt. Hier frisst weder ein Konzern einen anderen, noch findet eine
Fusion unter Gleichen statt. Vielmehr wächst auf beiden Seiten des
Ärmelkanals zusammen, was zusammengehört.
Die Rede ist von der längst überfälligen Reform der
Zwillingskonstruktion aus Royal Dutch und Shell Trading & Transport.
Sie haben als die beiden „Eltern“ bisher 60% beziehungsweise 40% an
der Gruppe. Diese Struktur, die seit 1907 besteht, ist in Zeiten, in
denen eine gute Corporate Governance immer wichtiger wird, längst
obsolet. Die Vorkommnisse um die Abwertung der eigenen Reserven zu
Jahresbeginn haben klar gezeigt, welche Lücken nicht nur in der
Kommunikation aus diesem losen System resultieren können.
Nun wird die Struktur vereinfacht und effizienter gestaltet.
Künftig gibt es einen Konzern namens „Royal Dutch Shell“ plc mit Sitz
in Den Haag und primärem Listing in London. Auf den ersten Blick ist
eine Lösung gefunden worden, die keine Aktionäre benachteiligt und
die in der Dividendenzahlung steuerliche Nachteile mittels „A“- und
„B“- Aktien vermeidet, die ansonsten gleiche Rechte verbriefen. Denn
darum geht es: Um eine Gesellschaft mit einem Board, einem Chef und
vor allem auch einer Aktie.
Auch im nationalen Proporz ist ein Gerüst entwickelt worden, das
es verbietet, die englische Seite oder die niederländische zum
eindeutigen Sieger zu erklären. Die Gesellschaft wird in
Großbritannien eingetragen, der Haupt- und Steuersitz soll in Holland
sein.
Geschickt gewählt ist der Zeitpunkt der Ankündigung der
Strukturreform: denn der Konzern muss seine geschätzten Ölreserven
weiter nach unten korrigieren. Dabei handele es sich voraussichtlich
um rund 900 Millionen Fass Öl-Äquivalent. Diese Nachricht, die die
beiden Aktienkurse ansonsten sicherlich nach unten geprügelt hätte,
ist in der Reform-Euphorie zunächst untergegangen. Zudem können die
Anleger über eine Verdopplung des Quartalsgewinns auf 5,4 Mrd. Dollar
gewiss nicht klagen. Anfang des Jahres hatte Shell die Bewertung der
Reserven schon in mehreren Schritten um alles in allem ein Viertel
reduzieren müssen. Das brachte einige Manager um ihre Ämter, richtete
Vertrauensschaden bei Investoren an und brachte eine Strafe der
britische Finanzaufsicht ein. Die Reservefrage ist und bleibt der
Knackpunkt für die Shell- Bewertung. In der neuen Struktur könnte es
zumindest einfacher werden, die Antwort darauf klar zu kommunizieren.
(Börsen-Zeitung, 29.10.2004)
ots-Originaltext: Börsen-Zeitung

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