Börsen-Zeitung: Handelshaus, Kommentar zum Quartalsergebnis der Deutschen Bank von Bernd Wittkowski
Frankfurt (ots)
Die Deutsche Bank hat das dritte Quartal mit Verlust abgeschlossen. Überrascht? Das muss man nicht so sehen, kann man aber. Umfassende Periodenerfolgsrechnung heißt die Position, auf die das Institut selbst nicht groß eingeht, und in der steht für Juli bis September ein Fehlbetrag von 201 Mill. Euro nach einem Plus von 658 Mill. Euro in der gleichen Vorjahreszeit. Im laufenden Ergebnis schlagen sich die hier verbuchten unrealisierten Verluste aus Wertveränderungen der Industriebeteiligungen zwar nicht nieder. Sie werden vielmehr nur im (entsprechend geschrumpften) Eigenkapital abgebildet, und nach Ansicht des Instituts hat dieses bankfremde Geschäft nichts mit der Performance zu tun. Aber solange die Deutsche ihre Beteiligungen an DaimlerChrysler & Co. hält, muss sie mit der Volatilität in ihrem Available-for-Sale-Portfolio leben. Und niemand kann ausschließen, dass aus den unrealisierten eines Tages realisierte Verluste werden. Deshalb ist die ins Negative gedrehte umfassende Erfolgsrechnung durchaus beachtenswert. Die Strategie, sich von den Anteilen möglichst zu trennen, wird dadurch freilich einmal mehr als richtig bestätigt.
Schaut man sich das eigentliche, in der G+V ausgewiesene Bankgeschäft an, hätte es gewiss schlimmer kommen können. Der Gewinn nach Steuern liegt deutlich über dem Vorjahresniveau und noch deutlicher über den durchschnittlichen Erwartungen der Analystenzunft. Doch der erste Blick täuscht ein wenig, denn im Ergebnis stecken sonstige Erträge von 222 Mill. Euro, die im Vorjahresquartal fehlten. Aufwandsseitig ist das unterm Strich unerwartet erfreuliche Resultat dem wirklich beeindruckend erfolgreichen Kosten- und Risikomanagement zu verdanken. Kreditrisikovorsorge? Fast schon ein Fremdwort für diese Bank.
Das hat indes nicht zuletzt mit dem veränderten Fokus zu tun. Die Deutsche ist heute in ganz starkem Maße ein Handelshaus. Im Quartal brach der Zinsüberschuss um mehr als ein Viertel ein, während das Handelsergebnis um ein Drittel zulegte und so am Zinsüberschuss vorbeizog. Auf Gesamtjahresbasis war das Handelsergebnis erst- und letztmals im Jahr 2000 höher als der Zinsgewinn ausgefallen. Eine andere Abgrenzung: Von der Summe aus Zinsüberschuss und Handelsergebnis entfallen heute zwei Drittel auf die Corporate and Investment Bank (was als Folge des Marktumfelds schon einen Rückgang des Anteils bedeutet), und davon stammt der weit überwiegende Teil aus Sales and Trading. Das macht die Abhängigkeit der Bank von den Märkten deutlich und ihre Verletzbarkeit. Wie gut, dass die Deutsche noch ein Privatkundengeschäft hat, das sich auf klarem Erfolgskurs befindet.
(Börsen-Zeitung, 30.10.2004)
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