Börsen-Zeitung: Kommentar von Peter Olsen zur Frage, ob GM Fiat Auto übernehmen muss oder nicht: Geschenkt zu teuer
Frankfurt (ots)
Es ist ein Pokerspiel mit höchstem Einsatz. Dabei geht es im Grunde nur um die rechtliche Relevanz bedruckten Papiers: Kann Fiat General Motors wirklich dazu zwingen, die marode Autosparte der Italiener zu erwerben, oder nicht? Seit Monaten befehdet man sich mit juristischen Haarspaltereien, ob Fiat die einst vereinbarte Put- Option ausüben kann oder nicht. Zuletzt wurde gestreut, General Motors könnte sich mit der Zahlung von 1,5 bis 1,8 Mrd. Dollar aus der Pflicht, Fiat Auto zu übernehmen, herauskaufen. GM zahlt nicht, Fiat pocht weiter auf seine Rechte. Nur: Recht haben und Recht bekommen sind zweierlei Dinge. Beide Konzerne stecken in der Zwickmühle. Die verlustreiche Fiat- Autosparte kommt mit ihrem Turnaround-Plan nicht voran, weil sich die Märkte weit schlechter entwickeln als gedacht. Selbst wenn neue Modelle Bestseller würden, scheint aus heutiger Sicht fraglich, ob es dereinst zu viel mehr als einer operativen Null reichen wird. Fiats Marktposition rutscht in Europa auf Exotenniveau, selbst am Heimatmarkt Italien schwimmen dem Unternehmen die Felle weg. Rund 2 bis 3 Mrd. Euro frisches Geld werden fürs Überleben möglichst schnell benötigt.
Der weltgrößte Automobilkonzern General Motors ist ebenfalls nicht auf Rosen gebettet. Die Ratingagenturen blicken mit Argusaugen darauf, ob und wie GM ihre Probleme in Europa mit Opel und Saab regelt und ob GM in Nordamerika auf Sicht auch operativ wieder richtig Gewinn macht. Ansonsten droht die Herabstufung in die Spekulationsklasse, mit verheerenden Folgen für die GM- Refinanzierung, aber auch für die Bondmärkte überhaupt. GM kann Fiat Auto nicht gebrauchen. Die Sanierung von Opel/Saab kostet einen Milliardenbetrag. Wie soll man da vermitteln, dass noch mehr Geld dafür ausgegeben wird, eine marode Firma nicht übernehmen zu müssen? Selbst wenn GM Fiat Auto für lau bekäme, wäre das wegen der zusätzlichen Schulden von 8Mrd. Euro ein Danaergeschenk. Weder der Geldabfluss, um die Übernahme von Fiat Auto abzuwehren, noch die Konsolidierung zusätzlicher Schulden würde den Investoren schmecken. General Motors könnte mit juristischen Winkelzügen Fiat Auto über Jahre auf Abstand halten. Fiat aber muss jetzt aus der Sackgasse. In Turin wird man von bisherigen Forderungen erhebliche Abstriche machen müssen.
(Börsen-Zeitung, 3.2.2005)
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