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Börsen-Zeitung: Junckers einzige Chance, Kommentar zum Stabilitätspakt von Christof Roche

Frankfurt (ots)

Noch ist die Debatte über den Stabilitäts- und
Wachstumspakt nicht gelaufen. Die Bundesregierung hält an ihrer
Forderung nach voller Souveränität in der nationalen Haushaltspolitik
fest. Erst wenn ein Mitgliedsland – und das unter Berücksichtigung
von Sonderlasten wie die deutschen Kosten der Wiedervereinigung und
die milliardenschweren Nettozahlungen an den EU-Haushalt –
schwerwiegende Fehler in der Finanzpolitik gemacht hat, soll ein
Defizitverfahren überhaupt eröffnet werden.
Für Euro-Präsident und Chefvermittler Jean-Claude Juncker,
immerhin einer der Gründungsväter der Gemeinschaftswährung, muss dies
wie ein Déjà-vu-Erlebnis wirken. Denn im Grunde wiederholt sich
heute, was schon in Maastricht und Amsterdam auf dem Weg zum Euro
höchst umstritten war: die Frage, wie viel Einfluss und Macht die
Hauptstädte an Brüssel abtreten müssen. Für den deutschen Kanzler
Gerhard Schröder steht in jedem Fall fest: Schon damals war es zu
viel, und dies gilt es jetzt zu korrigieren. Schröder ist es satt,
sich, nicht nur mit Blick auf die bevorstehenden Wahlen 2006, mit den
andauernden Nörgeleien und Bevormundungen aus Brüssel herumschlagen
zu müssen.
Doch damit droht der Kanzler das diffizile Reformgefüge des Euro-
Präsidenten zu sprengen. Denn Juncker will, um Staaten mehr Zeit bei
der Konsolidierung zu geben, gerade als „Trade off“ den präventiven
Teil des Paktes stärken. Dazu will er die Regierungen in Phasen
robuster Konjunktur zu festen Mindest-Sparanstrengungen verpflichten
und die Rolle der Kommission (in guten wie in schlechten Zeiten) als
Budgetkontrolleur bestätigen. Sein Problem in dieser Konstellation:
Gegen den deutschen Willen wird es keine Reform des Stabilitäts- und
Wachstumspakts geben, die immerhin die nächsten zehn bis 15 Jahre
halten soll.
Die einzige Chance, die der Euro-Altmeister hat, ist, den offenen
Konflikt mit dem deutschen Kanzler zu umgehen. Juncker muss die
Debatte im Kreis der Finanzminister abschließen und dazu mit
überschaubarer Schadensbegrenzung (und nicht, wie der Kanzler es
will, mit finanzpolitischem Persilschein) auch Kassenwart Hans Eichel
mit an Bord holen. Denn gelingt dies nicht und nehmen im März
Schröder & Co die Paktreform selbst in die Hand, dann ist, was die
künftige Finanzdisziplin angeht, mit dem Schlimmsten zu rechnen.

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