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Börsen-Zeitung: Da geht noch was, Kommentar von Walther Becker zum gelungenen Börsenstart von Premiere

Frankfurt (ots)

Aufatmen am Finanzplatz: Mit Premiere ist ein
milliardenschwerer Börsenstart gelungen. Und zwar ohne Wenn und Aber.
Das macht Mut für eine Belebung des IPO-Marktes. Wenn ein defizitärer
Fernsehsender eine Nachfrage von 14,5 Mrd. Euro kreiert, dann stimmt
das zuversichtlich für weitere Emissionen.
Wenn Investmentbanker über den daniederliegenden Nachschub an
Börsenneulingen gejammert haben, dann sollte nicht vergessen werden:
Den Investoren ist mit zahlreichen Absagen von schwachen Unternehmen
viel erspart geblieben. Und der durchaus berechtigte Druck der
Fondsgesellschaften auf die Preise der Neulinge hatte positive
Wirkung. Denn die Aktien etwa von Postbank und Wincor Nixdorf wurden
schlussendlich zu Preisen verkauft, die den Anlegern in Form von
Kurssteigerungen nach dem IPO nur gut tun. Premiere hat klug
gehandelt, als man sich frühzeitig auf die Investoren einstellte und
die Preisspanne senkte. Ohne öffentliches Trara war so der Boden für
die erfolgreiche Platzierung bereitet. Positiv stimmt der Start auch
für die sich in den Portfolios der Private-Equity-Häuser stauenden
Beteiligungen. Die Finanzinvestoren sind auf den Ausstieg angewiesen
– Beteiligungen immer wieder an Kollegen weiterzuverkaufen ist auf
Dauer kein wirklicher Exit. Private-Equity- Manager sind
Wiederholungstäter: Wer einmal Schrott an der Börse abliefert, der
sieht sich bei seinem nächsten Börsenaspiranten berechtigter Skepsis
ausgesetzt.
Immerhin gibt es inzwischen ein paar Investmentbanker, die sich
Gedanken machen. Und mit neuen Konzepten aufwarten, um das IPO-
Geschäft in Schwung zu bringen. So wird bei Conergy versucht, die
Anleger zunächst ohne Bekanntgabe einer Bookbuilding-Spanne zu
ködern. Damit ist der Emittent kürzer dem Preisdruck ausgesetzt. Ob
dies bei Privatanlegern zieht, muss sich erst noch beweisen. Denn das
erfreuliche Premiere-IPO zeigt, dass ein Börsengang mit
Privatanlegern besser fundiert ist als ein Angebot unter Ausschluss
der Öffentlichkeit. So läuft’s: Retailkunden zeichneten für 750 Mill.
Euro mit Orders von im Schnitt 6400 Euro. 30% der Emission gingen an
sie.
Eine Reform der äußerst restriktiven Going-Public-Regeln, ein
Entrümpeln der Vorschriften, mehr Offenheit und mehr Mut und nicht
allein das Starren auf (vermeintliche) Haftungsfälle würden das IPO-
Geschäft richtig beleben.
(Börsen-Zeitung, 10.3.2005)

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