Börsen-Zeitung: Bilanzreise mit Rückfahrkarte, Kommentar von Sabine Wadewitz zu den Bedingungen, unter denen IFRS-Bilanzen in den USA anerkannt werden
Frankfurt (ots)
Die US-Börsenaufsicht SEC hat sich erstmals auf einen Fahrplan zur Anerkennung der Internationalen Bilanzierungsstandards IFRS eingelassen. Nach Jahrzehnten des störrischen Sträubens gegen die Akzeptanz ausländischer Abschlüsse an Wall Street ist dies ein beachtlicher Erfolg für die Europäer. Spätestens von 2009 an sollen IFRS-Bilanzen für eine Notierung an US-Börsen willkommen sein. Die internationalen Emittenten wären damit der aufwendigen Überleitungsrechnung auf die amerikanischen Regeln US-GAAP entledigt.
Die SEC wäre nicht die SEC, wenn solche Vereinbarungen ohne umfangreiche Bedingungen geschlossen würden. Die Washingtoner Krake hat nicht gerade wenige Voraussetzungen im Sinn, damit die IFRS jemals am größten Kapitalmarkt der Welt auf Wohlgefallen stoßen können. Bedingungen sind u.a. eine konsistente Anwendung der Normen, die Vergleichbarkeit der Abschlüsse, die Konvergenz von IFRS und US- GAAP, eine strenge Finanzaufsicht und ein unabhängiger Standardsetzer. Für die Bilanzreise in die USA hat Wall Street also zur Sicherheit einen Rückfahrschein gelöst.
Über die Qualität der Konzernabschlüsse will sich die SEC zunächst ein umfangreiches Bild verschaffen. Von den 1200 ausländischen Emittenten, darunter 500 Kanadier, in den USA erstellen bislang erst 40 ihr Zahlenwerk nach IFRS. Mit der Pflicht zu internationalen Normen in Europa von 2005 an wird die Zahl dieser Abschlüsse in den Berichten an die SEC bis 2007 auf 300 bis 400 steigen. Die Qualität dieser Bilanzen will die US-Börsenaufsicht von der zweiten Hälfte 2006 an unter die Lupe nehmen. Die Hoffnung der EU-Kommission, dass sich die SEC bereits 2007 erweichen lässt, dürfte damit vergebens sein.
Die Anforderungen der SEC sind gleichwohl realisierbar, zumal der Zug zur Konvergenz in der jüngeren Zeit deutlich in Fahrt gekommen ist. Knackpunkt ist jedoch, dass das Votum der Amerikaner in einer Zeit getroffen wird, in der die meisten ausländischen Firmen erstmals auf IFRS umstellen. In der Einführungsphase sind ihnen zahlreiche folgenschwere Wahlrechte eingeräumt worden. Werden diese ausgeschöpft, ist es mit der Vergleichbarkeit dahin. Unternehmen und Branchen müssen sich also über die Grenzen auf einheitliches Vorgehen verständigen. Sonst ist die Ankunft in den USA gefährdet.
(Börsen-Zeitung, 23.4.2005)
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