Börsen-Zeitung: Bank von Japan in der Klemme - Kommentar von Birga Böcker zur japanischen Geldpolitik
Frankfurt (ots)
Japans Ntenbanker stecken in der Zwickmühle. Wie sollen sie nach Jahren der Nullzinspolitik zu einer normalen Geldpolitik zurückfinden, wenn die inländische Wirtschaft nur in unregelmäßigen Abständen ein erfreuliches Lebenszeichen von sich gibt und wenn die Verbraucherpreise sich zwar erholen, der Weg aus der Deflation aber immer noch weit scheint? Zudem beobachten Anleihe- und Aktieninvestoren jeden Schritt, der die allzu reichliche Liquiditätsversorgung der Wirtschaft begrenzen könnte, mit Argusaugen. Sollte Notenbankchef Toshihiko Fukui in dieser Lage unvorsichtig handeln, drohen Turbulenzen an Japans Finanzmarkt.
Dabei hat Fukui längst Probleme, seine Vorgaben für die reichliche Liquiditätsversorgung zu erfüllen. Ständig pumpt die Notenbank 30 Bill. bis 35 Bill. Yen (bis zu 260 Mrd. Euro) in den Geldkreislauf. Für eine Beibehaltung der Nullzinspolitik wäre nur ein Viertel davon nötig. Die überschüssige Liquidität sollte ursprünglich das Bankensystem stabilisieren und die Institute zur Geldleihe animieren. Doch die Finanzinstitute haben in ihren Bilanzen kräftig aufgeräumt, und viele Unternehmen finanzieren sich durch ihre hohen Cash-flows. Deshalb stoßen die zusätzlichen Mittel der Notenbank auf immer weniger Interesse bei den Geschäftsbanken. Mehrfach musste Fukui in diesem Jahr Abstriche vom geplanten Zuteilungsvolumen machen. Und spätestens im Juni, wenn die Unternehmen ihre Steuern abführen und viel Geld von Zentralbank-Konten in die Staatskasse fließt, wäre das Liquiditätsziel wohl nicht mehr zu halten gewesen.
So hat die Bank von Japan nun beschlossen, was von ihr weithin erwartet worden war: Sie will künftig ein Unterschreiten ihres Liquiditätsziels tolerieren. An der vorgegebenen Spanne hielt sie aber fest. Dabei wäre die Gelegenheit günstig gewesen, zumindest die untere Grenze zu senken, um damit endlich einen ersten vorsichtigen Schritt in Richtung Normalisierung der Geldpolitik zu gehen. Dass die nahezu kostenlose Versorgung mit Liquidität nicht endlos weitergehen kann, liegt auf der Hand. Derzeit erwarten viele Analysten eine Rückkehr von der liquiditätsgesteuerten zur zinsgesteuerten Politik im ersten Halbjahr 2006. Auch wenn die Notenbank die Leitzinsen dann noch einige Zeit nahe null halten dürfte, wäre es aber immerhin der Anfang vom Ende des jahrelangen geldpolitischen Ausnahmezustands.
(Börsen-Zeitung, 21.5.2005)
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