Börsen-Zeitung: Selbstfindungsprozess, Kommentar zur Neustrukturierung der Dresdner Bank von Bernd Wittkowski
Frankfurt (ots)
Die Sozialisation der Dresdner Bank im Reich der Allianz ist eine mühsame und alles andere als geradlinige Entwicklung. Wahrscheinlich muss das so sein in einer Branche, von der Insider sagen, sie habe jahrzehntelang allein von ihren stillen Reserven gelebt (und das nicht schlecht), während operativ kaum etwas hängen blieb. Die Reserven sind längst verfrühstückt. Im Bankgeschäft mindestens die Kapitalkosten zu verdienen erforderte nicht nur bei der Dresdner ein radikales Umsteuern hin zu Performanceorientierung und Disziplin beim Ausschöpfen von Ertragssteigerungs- und Kostensenkungspotenzialen.
Das geht nicht par ordre du mufti, zumal die Ertragschancen entscheidend von den gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen abhängen. Es geht wohl nur nach der Methode Versuch und Irrtum. So kommt zustande, was nicht nur für Außenstehende aussieht wie eine Hü- und-hott-Strategie. Ein Beispiel: 2001, schon unter der Ägide der Allianz, hatte die Dresdner die Integration von Firmenkundengeschäft und Investment Banking im neuen Bereich Corporates & Markets beschlossen. Vier Jahre später das gleiche Spiel, nur steht diesmal Corporate & Investment Banking drauf. Zwischendurch wurde mit anderen Strukturen experimentiert.
Nun scheint der Selbstfindungsprozess zu einem vorläufigen Abschluss gekommen zu sein. Dabei erfährt man die wichtigste Entscheidung en passant über den Beschluss, die Aufstellung wieder einmal neu zu sortieren: Die Bank bleibt, was seit der Übernahme keineswegs immer selbstverständlich war, mit all ihren Kundengruppen integraler Teil der Allianz. Voraussetzung war die überwiegend erfolgreiche Optimierung innerhalb der bisherigen Segmente. Nun sollen, neben Ertragssteigerungen und noch höherer Kapitaleffizienz, neue Synergien durch die teilweise Reintegration der Bereiche realisiert werden, um bei der Eigenkapitalrendite weitere 3 Prozentpunkte herauszukitzeln. Das ist zur Zukunftssicherung der Bank im Wettbewerb wohl unvermeidlich, aber nur erreichbar, indem abermals Produktivitätsreserven mobilisiert werden. Die angekündigte Offensive wird deshalb nicht nur ohne den bisherigen Investment-Banking-Chef Andrew Pisker beginnen. Um nachhaltig profitabel wachsen zu können, hat die Bank vermutlich aus Sicht des Vorstands noch immer rund 3000 Leute zu viel an Bord.
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