Börsen-Zeitung: Majestix Kagermann, Kommentar von Claus Döring zur Jahrespressekonferenz von SAP
Frankfurt (ots)
Henning Kagermann gibt den Majestix. Wie der Stammeshäuptling aus dem kleinen gallischen Dorf nur fürchtet, dass ihm der Himmel auf den Kopf fallen könnte, so fürchtet der Software-König aus dem badischen Walldorf nur, dass wir uns selbst ein Bein stellen. Aber normalerweise tun wir das nicht, schob der SAP- Vorstandsvorsitzende in der Jahrespressekonferenz nach und untermauerte seinen überaus zuversichtlichen Ausblick für 2006 und darüber hinaus.
Der Zaubertrank, der SAP beflügelt und schon das achte Quartal in Folge zweistellige Zuwächse bei den Softwarelizenzumsätzen bescherte, ist aus folgenden Ingredienzen gemixt: starke Produktpipeline, Plattformstrategie, Finanzkraft und Verdoppelung des von SAP zu bedienenden Marktes auf 70 Mrd. Dollar bis zum Jahr 2010. Schon beim Gedanken an diese Mixtur läuft den Investoren das Wasser im Munde zusammen, wie der Kurssprung der SAP-Aktie um beinahe 10% gestern zeigte. Dabei werden die Anleger von SAP nicht gerade verwöhnt. In der Dividendenpolitik bleibt Bescheidenheit Trumpf. Mehr als 30% Ausschüttungsquote will man auch in Zukunft nicht spendieren. Beim Aktienrückkauf, für den 2006 mindestens 500 Mill. Euro nach 417 Mill. Euro ausgegeben werden sollen, hätte man deutlich mehr Spielraum, zumal eine Kriegskasse für teure Zukäufe nicht benötigt wird. Denn auch für die Zukunft setzt SAP auf organisches Wachstum und wird mit Akquisitionen nur Abrundungen vornehmen.
Damit unterscheidet sich SAP vom Wettbewerber Oracle, der sich in teuren Übernahmeschlachten aufgerieben hat und trotz der Zukäufe den Marktanteil kaum ausweiten konnte. Mit 62% Anteil im Kernmarkt der Unternehmensanwendungen lässt SAP die Peergroup weiter hinter sich. Doch zum Erfolg gehört auch die finanzielle Solidität. Deshalb sind die üppige Liquidität von 3,4 Mrd. Euro und die hohe Eigenkapitalquote (aktuell 64%) Programm. Unternehmen wollen für ihre Softwareinvestitionen, die maßgeblich über den eigenen Erfolg entscheiden, einen verlässlichen und stabilen Partner. Somit steht der wahre Gewinn, den SAP aus der reichlichen Liquidität zieht, nicht im Finanzergebnis der Gewinn- und Verlustrechnung, sondern in der Rezeptur des Zaubertranks. Die Gefahr, dass Majestix Kagermann vom hoch erhobenen Schild fällt, ist geringer denn je.
(Börsen-Zeitung, 26.1.2006)
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