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Boersen-Zeitung: Russisches Roulette, Kommentar zum "Weißen Ritter" bei Arcelor von Christoph Ruhkamp

Frankfurt (ots)

Mit einem Paukenschlag präsentiert der
Luxemburger Stahlkonzern Arcelor sein neuestes Mittel zur Abwehr des 
Angreifers Mittal Steel. Dieses Mal ist es ein Weißer Ritter. Die 
Fusion mit der russischen Severstal per Überkreuzbeteiligung und 
unter Führung Arcelors soll die feindliche Übernahme in letzter 
Minute verhindern. Arcelors Konzernchef Guy Dollé streicht die 
Vorteile seines Fusionsplans denn auch gebührend heraus: Es entstünde
nicht nur der größte Stahlkonzern, sondern auch der klare Marktführer
im Qualitätssegment für Flachstahl in der Autoindustrie. Und bei dem 
Aktientausch würde Arcelor angeblich mit insgesamt gut 28 Mrd. Euro 
bewertet.
Aus Sicht der Aktionäre indes, die der Fusion immerhin noch mit 
einfacher Mehrheit zustimmen müssen, liegen die Unterschiede zum 
Mittal-Gebot vielleicht etwas weniger klar auf der Hand: Statt des 
indischen Milliardärs Lakshmi Mittal mit einem Anteil von 45% sollen 
sie nun den russischen Oligarchen Alexej Mordaschow mit 32% als neuen
Haupteigner zur Seite gestellt bekommen. In Fragen der Corporate 
Governance dürfte das nach Mittals jüngsten Zugeständnissen nur noch 
einen geringen positiven Unterschied machen.
Bleibt also vor allem die Bewertung der Arcelor-Aktie als 
Anhaltspunkt: Mittals Angebot liegt zwar angeblich 20% niedriger, 
aber es besteht neben eigenen Aktien zu immerhin 29% aus hartem 
Bargeld. Die Transaktion mit Severstal dagegen ist fast 
ausschließlich ein Aktientausch - und dies mit einem Unternehmen, 
dessen Anteile sich nur zu 10% im Börsenhandel befinden. Eine höhere 
Transparenz bietet dieses "russische Roulette" also nicht. Die 
Transaktion wird zudem von einer Kapitalerhöhung um fast 50% 
flankiert und mit einer Auskehrung von 7,5 Mrd. Euro versüßt. Man 
beschneidet damit die künftige Investitionskraft des Konzerns.
Fast noch schwerer wiegt aber etwas anderes: Erneut hat der 
Arcelor-Vorstand einen folgenschweren Schritt in seinem Abwehrkampf 
getan, ohne zuvor die Meinung der Aktionäre einzuholen. Es scheint, 
als würden die Interessen der Anteilseigner mehr und mehr zum 
Spielball des Managements. Das ist deshalb ein Problem, weil bei 
Arcelors Vorständen von Beginn der Übernahmeschlacht an erkennbar 
war, dass verletzte Eitelkeit eine nicht gerade unwichtige Rolle für 
ihre Entscheidungen spielte.

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