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Boersen-Zeitung: Gegenwind für Théodore, Kommentar zur wachsenden Kritik an der geplanten Fusion Euronext/Nyse von Claus Döring

Frankfurt (ots)

War es nur eine Geste der Höflichkeit gegenüber
dem Gastgeber, oder steckt mehr dahinter? Unerwartet deutlich hat 
sich Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac beim Treffen mit 
Bundeskanzlerin Angela Merkel in Rheinsberg für ein Zusammengehen von
Deutscher Börse und Euronext ausgesprochen. Immerhin hätte Chirac dem
Thema elegant ausweichen können. Denn erstens handelt es sich bei 
Euronext um keine rein französische Angelegenheit, sondern um eine 
Mehrländerbörse, und zweitens hätte er auf die Entscheidungshoheit 
der Aktionäre verweisen können. Da Letztere noch nicht entschieden 
haben und Euronext etliche "politische" Aktionäre hat, könnten die 
Äußerungen Chiracs mehr sein als ein Lippenbekenntnis zu Europa.
In Paris, so hat es den Anschein, wächst die Sorge vor der eigenen
Courage. Mit Verve hat sich Euronext-Chef Jean-François Théodore der 
New York Stock Exchange (Nyse) an den Hals geworfen, nur um die 
Fusion mit der Deutschen Börse abzuwenden. Möglicherweise hat 
Théodore die Rechnung ohne seine Aktionäre gemacht. Denn nicht nur 
BNP Paribas, die als Folge einer Kombination Nyse-Euronext das 
Vordringen angelsächsischer Investmentbanken in ihren Einflussbereich
fürchten muss, will sich in der Fusionsfrage noch nicht festlegen 
lassen. Auch andere Euronext-Aktionäre dürften wenig Gefallen daran 
finden, dass Théodore entgegen seinen in der Hauptversammlung 
gegebenen Zusicherungen das Angebot der Deutschen Börse gar nicht 
weiter geprüft hat und sich zum Steigbügelhalter für die 
transatlantischen Expansionspläne der Nyse macht.
Jenseits aller Berechnungen zu Synergien und Unternehmenswerten 
wird die politische Dimension darüber entscheiden, ob und wie lange 
Théodores Festlegung zugunsten der Nyse Bestand hat. Wer sich das 
jahrelange Tauziehen mit der US-Börsenaufsicht SEC um die 
gegenseitige Anerkennung von Jahresabschlüssen vor Augen hält, wer 
den Rigorismus der SEC bei der Umsetzung des Sarbanes-Oxley Act in 
Erinnerung hat, dem fällt schwer zu glauben, dass die SEC für die 
europäische Plattform von Nyse-Euronext eine andere Regulierung 
akzeptieren könnte als für die amerikanische. Vielleicht dämmert den 
Franzosen ja noch, welches trojanische Pferd ihnen Nyse-Chef John 
Thain mit dem Fusionsvorhaben vor das Palais Brongniart stellt.

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