Börsen-Zeitung: Ziebarts IPO-Flop, Kommentar zum Qimonda Börsengang von Stefan Kroneck
Frankfurt (ots)
Wie sich die Dinge radikal ändern: Auf dem Höhepunkt des Börsenhype war die Aktie des Siemens-Ablegers Infineon im März 2000 33fach überzeichnet, die Anleger rissen sich förmlich um den Wert. Sechseinhalb Jahre danach wäre der Halbleiterkonzern beinahe bei dem Versuch gescheitert, die Speicherchiptochter Qimonda an die Börse zu bringen. Das Interesse der Investoren war derart gering, dass Vorstandschef Wolfgang Ziebart nur mit erheblichen Preisnachlässen und einem deutlich reduzierten Platzierungsvolumen ein komplettes Desaster vermeiden konnte.
Dennoch ist das Qimonda-IPO ein Flop. Infineon hat sämtliche finanziellen Ziele des Börsengangs verfehlt. Statt einen angepeilten Emissionserlös von maximal brutto 548 Mill. Dollar einzustreichen, ist das IPO für Infineon ein Verlustgeschäft. Der Konzern verbucht nunmehr IPO-Kosten von geschätzten 25 Mill. Dollar, die im laufenden Quartal ein Loch in die Erfolgsrechnung reißen. Ziebart fehlt nun viel Geld, das er für die Sanierung der defizitären Mobilfunksparte und für Zukäufe im lukrativen Logikchipsegment verplant hatte. Diese strategischen Schritte rücken nun mangels finanzieller Mittel in weite Ferne. Hinzu kommt, dass Infineon auf den eigenen Qimonda-Beständen sitzen bleibt. Bei einer Beteiligung von 87% (lediglich 13% des Qimonda-Kapitals wurden angedient) kann man eigentlich nicht von einer Abspaltung sprechen. Bei einer solchen Anteilsquote muss Infineon bis auf weiteres Qimonda in der Bilanz und Erfolgsrechnung vollständig konsolidieren.
Damit trägt Infineon die finanziellen Risiken des Speicherchipgeschäfts, das Ziebart eigentlich loswerden wollte, weiter. Das Unternehmen bleibt vom schwankungsanfälligen einstigen Kerngeschäft abhängig. Dies bedeutet nichts Gutes für die Ertragskraft des Konzerns, die ehedem zu wünschen übrig ließ. Denn Ziebart brachte Qimonda auf dem Höhepunkt eines Branchenzyklus an die Nyse. Erfahrungsgemäß schwächt sich im Herbst die Nachfrage im Chipmarkt kräftig ab - zulasten der Umsätze und Erträge.
In dieser Lage ist es fraglich, ob Infineon künftig Qimonda-Anteile am Markt in großen Mengen platzieren kann. Beim Preisangebot für Qimonda hat sich Ziebart sträflich verschätzt und schenkte den Bedenken von Analysten keinen Glauben. Erneute Selbstüberschätzungen wird die Börse ahnden.
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