Börsen-Zeitung: Den Erfolg sichern, Kommentar von Reinhard Kuls zu Arbeitskosten und Wettbewerbsfähigkeit
Frankfurt (ots)
So langsam wächst in Europa zusammen, was zusammengehört - und alle profitieren davon. Im wirtschaftlichen Sektor zeigt sich das unter anderem an der Entwicklung der Arbeitskosten. Deren jährliche Zuwachsraten sind in der Eurozone - und sehr ähnlich auch in der EU der 25 - seit sechs Jahren rückläufig. Lagen sie Anfang des Jahrtausends bei 4 bis 5%, sind sie inzwischen gerade mal halb so groß.
Notwendig ist der Erfolg bei den Arbeitskosten, weil mit den sich kräftig entwickelnden Schwellenländern, nicht zuletzt China, den europäischen Exporteuren auf immer mehr Märkten Konkurrenz erwächst. Bemerkenswert ist der Erfolg, weil er möglich war, obwohl eine Reihe von Mitgliedsländern der EU-25 wie auch der Eurozone sich in einem quasi natürlichen Aufholprozess befinden, was den Wohlstand und die Löhne anbelangt.
Geringere Kosten nutzen dabei aber nicht nur den Exportfirmen Europas. Denn die von ihnen ausgehenden und nach innen gerichteten Investitionsimpulse regen die gesamte Volkswirtschaft des alten Kontintents an.
Einen ganz gehörigen Teil zu der flacheren Wachstumskurve der europäischen Arbeitskosten hat die größte europäische Volkswirtschaft, Deutschland, beigetragen. Und sie tut das immer noch. Erkauft wurde dies durch Lohnzurückhaltung, aber auch die Sozialbeiträge der Arbeitgeber sind zuletzt kaum mehr gestiegen.
Im Prinzip ist diese Entwicklung positiv, das Prosperieren der deutschen Exporteure legt Zeugnis dafür ab. Der Erfolg hat jedoch seinen Preis. Denn die Lohnzurückhaltung, so richtig sie im Kontext der globalen Konkurrenzsituation auch ist, bremst doch zunehmend den Konsum der Privathaushalte in Deutschland und damit einen sich selbst tragenden Aufschwung. Dieser wäre aber unter Beschäftigungsaspekten und zur Entlastung der Sozialkassen wünschenswert, und er ist ohnehin längstens überfällig. Nun aber daraus Argumente für deutlich höhere, über der Produktivitätszunahme liegende Lohnaufschläge zu zimmern, wäre gefährlich, denn dies würde die ganzen Wettbewerbserfolge der deutschen Volkswirtschaft wieder zunichte machen. Der Kaufanreiz für die Privaten muss letztlich aus einer Senkung der Lohnnebenkosten kommen. Dies schafft ebenfalls größere verfügbare Einkommen, ohne aber die vorteilhaftere Stellung der deutschen Unternehmen zu gefährden.
(Börsen-Zeitung, 2.9.2006)
Rückfragen bitte an:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
Original-Content von: Börsen-Zeitung, übermittelt durch news aktuell