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Börsen-Zeitung: VW dreht auf, Kommentar von Gottfried Mehner zum Quartalsergebnis von Volkswagen

Frankfurt (ots)

Kürzlich sorgte eine Meldung aus Wolfsburg für
Aufsehen: Die Arbeitskosten, so hieß es da, lägen pro Fahrzeug jetzt 
nur noch bei 12%. Damit sei mit Weltmarktführer Toyota gleichgezogen 
worden. Da hat jemand aber mächtig verkürzt. Natürlich kann man 
Wolfsburg nur gratulieren, dass mit der Rückkehr zur 33-Stunden-Woche
langsam in den sechs westdeutschen Werken wieder etwas mehr 
Realitätssinn einzukehren beginnt. Aber die wichtigen 
Automobilzulieferer arbeiten längst 40 Stunden in der Woche. Und 
unter diesen Arbeitsstandards hätte VW 50000 Mitarbeiter zu viel an 
Bord.
Sich an Toyota zu orientieren ist löblich und richtig und 
natürlich viel besser als die alten Benchmarken PSA oder - vor vielen
Jahren - Fiat. Aber Großspurigkeit lenkt nur von den Aufholmühen ab, 
die VW bevorstehen. Die nach neun Monaten erwirtschaftete Bruttomarge
von 3,9% ist unter Wolfsburger Verhältnissen unzweifelhaft ein sehr 
ordentlicher Wert. Dass davon vor Steuern (bei den fortgeführten 
Aktivitäten) aber nur 1,2 (1,5)% hängen bleiben, illustriert den 
langen Weg, den VW noch vor sich hat. Angeführt werden dafür 
Sondereinflüsse im Volumen von 2Mrd. Euro. Diese tauchen bei VW aber 
mit hartnäckiger Regelmäßigkeit periodisch immer wieder auf.
Arbeitskosten sind andererseits gewiss nicht alles. Finanzvorstand
Hans Dieter Pötsch hat vorgerechnet, dass VW mit den neuen 
Arbeitszeiten rund dreistellige Millionenbeträge jährlich einsparen 
könne. Und mit Blick auf die zum Jahresende noch zu erwartende 
Bestellwelle der Mehrwertsteuervermeider sollte bei VW im 
Schlussquartal noch einiges drin sein. Um aber mit Toyota 
gleichzuziehen, muss VW in den gesamten Prozessen Milliarden 
einsparen. Und in der Zwischenzeit bleiben die Wettbewerber mit 
Toyota an der Spitze ja nicht stehen.
Wirklich Besorgnis löst aber aus, dass sich VW bei seinen 
Lkw-Aktivitäten zu verzetteln beginnt. Trotz eines gigantischen 
Erfolgs beim Stadtlieferwagen erzielte der Nutzfahrzeugbereich in den
ersten neun Monaten nur eine operative Marge von 0,7%. Gewiss, der 
Transporterbereich wurde gerade runderneuert und fährt zunehmend in 
die Rentabilität. Um als Konsolidierer bei Lkws aufzutreten, müsste 
VW aber sehr viel Geld in die Hand nehmen. Und das nur, um die 
Niedrigpreisproduktion in Brasilien unterzubringen?
(Börsen-Zeitung, 28.10.2006)

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