Börsen-Zeitung: Ad acta, Kommentar zum Schlussstrich unter den Fall Mannesmann von Bernd Wittkowski
Frankfurt (ots)
Das ihn und seine fünf Mitangeklagten freisprechende Mannesmann-Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom Juli 2004 hat Josef Ackermann bisher ebenso wenig gelesen wie die Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs vom vorigen Dezember. Nicht nur der Chef der Deutschen Bank sollte sich die Zeit nehmen, wenigstens den gestrigen Einstellungsbeschluss der Großen Wirtschaftsstrafkammer zu studieren. Den Schweizer selbst dürfte die Lektüre veranlassen, das eine oder andere Vorurteil über die deutsche Justiz zu korrigieren. Empfohlen sei die schlüssige und in einer von Juristen nicht unbedingt zu erwartenden Verständlichkeit abgefasste Begründung aber vor allem jenen Politikern, denen jetzt nichts Originelleres einfällt als polemische Gerichtsschelte wegen eines angeblichen "Freikaufs" der Angeklagten oder einer "Kapitulation der Justiz vor dem großen Geld".
Der Kammervorsitzende Stefan Drees hat überzeugend dargelegt, dass die einschlägige Vorschrift der Strafprozessordnung "die Reichen" gerade nicht begünstigt. Der Mannesmann-Prozess war eines von weit über 100000 Verfahren, die jährlich von deutschen Gerichten gegen Auflagen eingestellt werden. Alles Anklagen gegen die missliebige Spezies der Besserverdienenden oder Vermögenden? Bei aller Gleichmacherei, zu der die großen deutschen Parteien neigen: Noch sind wir nicht so weit, dass das im Grundgesetz verankerte Gleichheitsgebot dergestalt ausgelegt werden dürfte, dass "Reiche" vor Gericht zu benachteiligen seien.
Nun kann also die Strafsache 10KLs 2/06 endlich ad acta gelegt werden - fast sieben Jahre nach der Übernahme von Mannesmann durch Vodafone. Dass die Einstellung dem Rechtsfrieden dient und daher zu begrüßen ist, wurde an dieser Stelle schon ausführlich kommentiert (vgl. BZ vom 25. November). Für die bisherigen Beschuldigten ist entscheidend, dass sie mit dem unanfechtbaren Einstellungsbeschluss den Gerichtssaal endgültig als Unschuldige verlassen konnten. Ackermann, der die Führung der strategisch wie ertragsmäßig exzellent positionierten Deutschen Bank während des Prozesses nicht vernachlässigt hat - abzulesen auch am jüngst erreichten Rekordhoch der Aktie oberhalb 103 Euro -, wird nun noch mehr Zeit und Energie haben, um den einzigen Global Player des hiesigen Kreditgewerbes weiter voranzubringen. Die Bank ist ebenso wie ihr Chef persönlich von einer schweren Last befreit. Das wird Auftrieb geben.
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