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Börsen-Zeitung: Langer Weg für Siemens, Kommentar von Michael Flämig zur Aufsichtsratssitzung über die jüngste Geschichte des Siemens-Konzerns

Frankfurt (ots)

Die Aufsichtsratssitzung am Montag wird in die
Siemens-Geschichte eingehen. Die Kontrolleure trafen sich schließlich
nicht nur, um über ein paar vermutete Korruptionsfälle zu 
diskutieren. Dies wäre zwar schon spannend genug gewesen. Aber bei 
der Montagssitzung stand implizit die gesamte jüngere Geschichte des 
Konzerns zur Diskussion und Bewertung, die großteils in die Ära des 
früheren Vorstandschefs Heinrich v. Pierer fällt - der heute dem 
Aufsichtsrat vorsteht. Dementsprechend kulminierte vor der Sitzung 
nicht nur die öffentliche Aufmerksamkeit, sondern auch die internen 
Spannungen trieben einem Spitzenwert zu.
Das Ergebnis mag angesichts des Erwartungsdrucks unspektakulär 
erscheinen. Die härteste symbolhafte Handlung ist ausgeblieben: Einen
Rücktritt hat es nicht gegeben. Das ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt 
auch gut so. Denn mit personellen Konsequenzen an der Spitze hätte 
Siemens zwar in der Öffentlichkeit punkten können. In der Sache wäre 
aber nichts gewonnen gewesen. Vor der Übernahme von Verantwortung 
muss erst einmal der Sachstand geklärt werden.
In dieser Frage hat der Aufsichtsrat das Heft des Handelns in die 
Hand genommen. Die US-Anwälte von Debevoise & Plimpton berichten 
direkt an die Kontrolleure. Endlich ist die Aufklärung an der 
richtigen Stelle angesiedelt, die interne Task Force spielt nur die 
Rolle eines Zuarbeiters. Wichtig ist dabei, dass die Juristen ihre 
Untersuchung "unabhängig und umfänglich" durchführen dürfen. Sie 
müssen sich nicht aufs Aktenstudium begrenzen, sondern können aktiv 
Sachverhalte aufklären. Dabei werden sie von Experten für 
Wirtschaftskriminalität unterstützt.
Schnelle Erfolge sind trotzdem unwahrscheinlich. Der Apparat muss 
erst auf Touren kommen. Dies ist schmerzhaft angesichts der Tatsache,
dass im Kampf gegen den Imageschaden jeder Tag zählt. Letztlich ist 
es aber wichtiger, dass die Unkultur in einigen Siemens-Bereichen in 
eine Unternehmenskultur verwandelt werden kann. Eine solche 
Transformation ist ein langer Weg, für den man Durchhaltevermögen 
braucht. Dabei spielen die externen Fachleute eine ähnliche Rolle wie
die Margenziele, auf die Vorstandschef Klaus Kleinfeld die Bereiche 
für das Frühjahr 2007 verpflichtet hat: Beide sorgen jeweils für die 
notwendige Fokussierung, damit der Konzern sein Ziel nicht aus den 
Augen verliert.
(Börsen-Zeitung, 12.12.2006)

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