Börsen-Zeitung: Überschäumend, Kommentar zum Rekordhoch beim Ifo-Geschäftsklimaindex von Reinhard Kuls
Frankfurt (ots)
Ob die Hochstimmung in Deutschlands Unternehmen mehr als nur momentane Sektseligkeit ist, die einem bösen Kater weicht, wenn die Mehrwertsteueranhebung im ersten Quartal 2007 den privaten Konsum in die Knie zwingt, wird sich sehr bald erweisen. Die Betriebe erwarten offensichtlich nicht, dass der deutsche Aufschwung aus der Bahn gerät. Und mit Vorzieheffekten ist das neue Rekordhoch im Ifo-Geschäftsklimaindex auch nicht mehr zu erklären. Nach Ansicht der Firmen wird die deutsche Volkswirtschaft den Abgabenschock von der übernächsten Woche an letztlich recht locker wegstecken.
Der Hauptgrund für die Wachstumskraft liegt in der ungebrochenen Investitionsbereitschaft der Unternehmen. Diese war in den Prognosen der Volkswirte bis vor kurzem noch erheblich unterschätzt worden. Die nicht zuletzt auf dem Exportboom basierende, fast überbordende Zuversicht im produzierenden Gewerbe wie im Dienstleistungssektor sollte auch weiterhin zu wahrer Ausgabenfreude bei den Unternehmen führen. Gestützt wird deren investiver Elan noch durch den Umstand, dass Ende 2007 die degressive Abschreibung auslaufen soll. Folglich legen die Betriebe einen wahren Schlussspurt bei den absetzbaren Ausgaben hin, ist die Folgeregelung in der Unternehmenssteuerreform doch noch nicht sicher.
Dieser Katalysator könnte 2008 dann fehlen. Doch so weit reicht der Prognosehorizont des Ifo-Indexes nicht. Also stellt sich nun die Frage, ob der schon in Bewegung gekommene Beschäftigungsaufbau auch unter den gebenen Rahmenbedingungen so viel Momentum entwickeln kann, dass er über die ihm innewohnende Kaufkraftverstärkung dann einen soliden Beitrag zu binnengetragenem Wirtschaftswachstum liefern kann.
Blind verlassen kann man sich darauf freilich nicht, zumal der Privatkonsum nächstes Jahr letztlich nicht viel über sein diesjähriges Niveau hinauskommen dürfte. Denn die Lohneinkommen werden voraussichtlich nur mäßig erhöht, und der Anstieg der Erwerbstätigkeit wird wohl nur ausreichen, die steuerliche Abschöpfung wettzumachen. Der konjunkturellen Dynamik muss vielmehr durch weitere, beschäftigungsfreundliche Flexibilisierung am Arbeitsmarkt neues Potenzial erschlossen werden. Wenn dies klappt, wird sich darauf ohne Reue anstoßen lassen. Selbst mit einem Gläschen mehr.
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