Börsen-Zeitung: Spätfolgen des Crashs, Kommentar von Christopher Kalbhenn zu den neuesten Daten des Deutschen Aktieninstituts zum Aktienbesitz in Deutschland
Frankfurt (ots)
Verglichen mit dem Aufschwung der Dividendentitel sind die neuen Zahlen des Deutschen Aktieninstituts (DAI) zum Aktienbesitz ernüchternd. Obwohl der Dax beherzt auf die Marke von 7000 Punkten zugeht und sich auf Höhen befindet, die vor vier Jahren als unerreichbar galten, wollen sich die Deutschen nach wie vor nicht für Aktien erwärmen. Auch wenn sich die Zahl der Aktionäre im zweiten Halbjahr wieder ein wenig erholt hat, bleibt unterm Strich für den abgelaufenen Turnus ein Rückgang um 500000 auf 10,3 Millionen - der niedrigste Wert seit 1999.
In der widersprüchlich erscheinenden Entwicklung schlagen sich Spätfolgen des großen Crashs der Jahre 2000 bis 2003 nieder. Das Desaster hat viele gebrannte Kinder hinterlassen. Zum Teil sitzen die Privatanleger noch auf erheblichen Verlusten und nehmen die mittlerweile wieder deutlich erhöhten Kursniveaus als willkommene Chance wahr, mit gegenüber dem Jahr 2003 spürbar reduzierten Verlusten auszusteigen, zumal auch das Risiko eines neuerlichen Kurseinbruchs zunimmt.
Das immer noch recht geringe Vertrauen in Aktien bzw. ausgeprägte Sicherheitsbedürfnis der Anleger schlägt sich noch auf eine andere Weise in der Statistik nieder. Zunehmend werden strukturierte Produkte genutzt. Damit können Anleger mit entsprechend ihren Bedürfnissen maßgeschneiderten Risikostrukturen Engagements am Aktienmarkt eingehen. Allerdings treten sie dann eben nicht als Aktienbesitzer in Erscheinung.
Interessant wird eine weitere Kennzahl sein, die die DAI-Statistik nicht erfasst und die gelegentlich ein etwas abweichendes Bild liefert. Es geht um das wertmäßige Engagement der Privatanleger, das von der Bundesbank im Rahmen der Finanzierungsberechnung statistisch erfasst wird. Die Zahlen für 2006 werden erst in einigen Monaten vorliegen. Im Jahr 2005 bauten die Deutschen trotz der starken Kursentwicklung ihr Engagement am Aktienmarkt um per saldo 3 Mrd. Euro ab. Das zeigt die Zurückhaltung der Privatanleger deutlicher als die Aktionärszahlen, die in jenem Jahr leicht stiegen. Andererseits hatte sich der Negativsaldo damit gegenüber den Jahren 2003 (20 Mrd. Euro) und 2004 (6,5 Mrd. Euro) weiter reduziert. Gut möglich, dass die Statistik der Bundesbank mit einer "schwarzen Null" ein wenigstens etwas schöneres Bild für 2006 liefern wird.
(Börsen-Zeitung, 17.1.2007)
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