Börsen-Zeitung: Westfälischer Unfrieden, Kommentar zum 22. Deutschen Sparkassentag von Bernd Wittkowski
Frankfurt (ots)
Angela Merkel ist nicht Gerhard Schröder. Aber das war zumindest in diesem Fall nicht von Nachteil: Beim 21. Deutschen Sparkassentag vor drei Jahren hatte der damalige Bundeskanzler mit wenigen groben Strichen die hiesige Bankenlandschaft mal eben neu geordnet. Commerzbank und HypoVereinsbank (HVB) sollten endlich "in die Strümpfe kommen", also fusionieren, und für die Sparkassengruppe seien drei statt elf Landesbanken genug. Es ist zwar seither etwas anders gelaufen (für die HVB) bzw. fast gar nichts passiert (bei den Landesbanken). Aber was große politische Würfe angeht, sind die Teilnehmer von Banken- und Sparkassentagen verwöhnt, und so waren die Erwartungen beim 22. Familientreffen der Öffentlich-Rechtlichen hoch gesteckt, wie denn nun Schröders Nachfolgerin ihre Bankenwelt skizzieren werde. Auf konkrete Modelle wurde vorab schon gewettet. Hoher Favorit an der Spekulationsbörse: Die Commerzbank kriegt die Postbank, den Sparkassen wird die Landesbank Berlin zugeschlagen, und die beiden verfeindeten Säulen schließen in Bochum den ewigen westfälischen Frieden.
Doch den Gefallen, soweit es für die unmittelbar Beteiligten denn einer gewesen wäre, tat Merkel der Branche nicht. Nur äußerst zaghaft und sehr verklausuliert sprach sie den Sparkassen Mut zu, sich ihrer wahren Größe bewusst zu werden und dies dann auch zum Wohle des zunehmend im Ausland aktiven Mittelstands in geballte Landesbankenkraft umzusetzen. Aber was hätte es gebracht, konkreter zu werden? Auf die Struktur der regionalen Spitzeninstitute hat die Bundesregierung praktisch null Einfluss. Da müssten sich schon die Bundesländer als Miteigentümer und als zuständige Gesetzgeber bewegen.
Umso mehr redete Sparkassenpräsident Heinrich Haasis Tacheles. Sein eindringlicher Appell, die elf Landesbanken bzw. acht Landesbankkonzerne wenn schon nicht zu einer einzigen Deutschen Länderbank, dann doch zumindest zu zwei oder drei Einheiten zu verdichten, wurde von der Versammlung mit großem Beifall quittiert. Noch interessanter war indes, wer an dieser Stelle nicht applaudierte. Etwa Helaba-Chef Günther Merl. Ist er womöglich der größere Realist?
Kanzler und Kanzlerinnen kommen und gehen, eines bleibt immer bestehen: das deutsche Dreisäulensystem. Den Gefallen wenigstens tat Merkel der Sparkassenfamilie. Da ist sie dann doch Gerhard Schröder.
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