Börsen-Zeitung: Signalwörter streichen Kommentar von Jürgen Schaaf zur Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB)
Frankfurt (ots)
Treu haben die Signalwörter uns gedient im immer noch laufenden Straffungszyklus der Europäischen Zentralbank (EZB). Aber nun wird es Zeit, sich von ihnen zu verabschieden. Mit einem Vorlauf von jeweils vier Wochen hatte Notenbank-Präsident Jean-Claude Trichet im Anschluss an die monatlichen Zinsbeschlüsse des EZB-Rates mit der Formulierung, das Gremium lasse "starke Wachsamkeit" walten, die nächsten Zinserhöhungen angekündigt - freilich ohne das damit verbundene Commitment ausdrücklich zu bestätigen. Dies war bei fast jedem der acht zurückliegenden Zinsschritte seit Dezember 2005 der Fall. Lediglich der erste, der den Auftakt der Erhöhungsserie einleitete, wurde nicht so vorbereitet.
In diesem Prozess der Normalisierung des Zinsniveaus waren diese Schlüsselwörter sinnvoll. Als die Konjunktur Ende 2005 sich zu berappeln schien, war es geboten, die monetäre Unterstützung langsam, aber sicher zurückzunehmen. Man erinnere sich: Damals lag der Schlüsselzins für den Euroraum bei historisch niedrigen 2%.
Die Information, dass in jeweils einem Monat an der Zinsschraube gedreht werde, gab den Finanzmärkten damals Führung. Auch in der Phase, als die EZB mit der Formulierung "sehr genau beobachten" sogar zwei Monate im Voraus ihr Vorhaben signalisierte, wurden die Erwartungen stabilisiert.
Der Prozess der Normalisierung ist nun allerdings abgeschlossen. Nachdem die EZB am Mittwoch den Schlüsselzins um 25 Basispunkte auf 4% angehoben hat, ist das neutrale Niveau erreicht, und die Zinsen sind weder "niedrig" noch "moderat", wie es die EZB zuvor auszudrücken pflegte.
Das heißt aber nicht zwingend, dass das Ende der Zinserhöhungen erreicht ist. Das robuste Wachstum der Eurozone kann weitere Schritte erforderlich machen. Dies ist aber noch nicht klar, und die Frage lautet zunächst, "ob" weiter an der Zinsschraube gedreht werden muss, und noch nicht, "wann". Hierfür bedarf es einer gründlichen ökonomischen Analyse. Die bietet die EZB auch in ihren Kommuniqués. Aber die Eindeutigkeit der Schlüsselwörter versperrt mitunter den Blick auf die nicht ganz so schlichten Argumente, die den EZB-Rat zu seinen Entscheidungen bewegen. Das Ende des Straffungszyklus sollte daher ohne die Signalwörter, aber mit überzeugenden Argumenten vorbereitet werden.
(Börsen-Zeitung, 8.6.2007)
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