Weser-Kurier: Der "Weser-Kurier" (Bremen) kommentiert in seiner Ausgabe vom 7. Februar 2012 die Pläne von Nicolas Sarkozy und Angela Merkel, ein Sonderkonto zur Tilgung der griechischen Staatsschulden einzurichten:
Bremen (ots)
Nicht mehr zu retten
von Joerg Helge Wagner
Heute wird also wieder einmal gestreikt in ganz Griechenland - der hellenische Patient hofft auf Genesung, indem er die bitteren Pillen ins Klo spült und das Krankenzimmer demoliert. Aber die Regierung und die Führer der drei wichtigsten Parteien könnten doch wenigstens ihren Job machen und beraten, wie und wann sie die Forderungen der Geldgeber-Troika umsetzen. Aber gestern hat man sich erst einmal vertagt. Bei dieser politischen Arbeitsverweigerung geht es allerdings nicht um das Wohlergehen der sozial Schwachen in Griechenland. Es geht nur um deren Stimmen bei der anstehenden Neuwahl des Parlaments - und Stimmen gewinnt man eben nicht mit harten Sparmaßnahmen. Dabei wäre die Ausgangslage für alle drei Parteien exakt gleich, wenn sie vor der Wahl das Sparprogramm gemeinsam tragen würden - noch dazu unter Führung eines parteilosen Regierungschefs. Doch auf so viel Einsicht darf man im Land, das die Begriffe Logik und Strategie erfunden hat, leider nicht mehr hoffen. Eigentlich ist dieser Staat, so wie er jetzt ist, nicht mehr zu retten. Das wissen auch die beiden mächtigsten Regierungschefs der EU, Angela Merkel und Nicolas Sarkozy. Ihre Idee, Teile der griechischen Staatseinnahmen zu enteignen und direkt auf ein Sonderkonto zur Schuldentilgung umzulenken, ist letzte Warnung und goldene Brücke zugleich: Die griechischen Wahlkämpfer könnten immerhin darauf verweisen, dass sie von gnadenlosen Gläubigern dazu gezwungen wurden. Auf "Merkozys" Beteuerungen hingegen, man wolle die armen Griechen unbedingt in der Euro-Zone halten, sollten sie keinen Cent geben. Jede Wette, dass im Hause von Finanzminister Schäuble längst das Szenario Staatsbankrott/ungeordnete Insolvenz/Euro-Austritt für Griechenland und seine Gläubiger durchgerechnet wird. Bleibt man bei den Kosten in der Nähe jener 145 Milliarden Euro, die jetzt als zweites Rettungspaket ohne Gewähr auf Erfolg in Rede stehen, ist das Ende mit Schrecken eine echte Option: Statt nach Athen könnte man das Geld direkt an dessen Kreditgeber zur Kompensation ihrer Zahlungsausfälle leiten. Das wäre übrigens gelebte Solidarität mit Millionen Versicherten in ganz Europa, die über griechische Anleihen in ihren Rentenfonds und dergleichen mit drin hängen im griechischen Schlamassel.
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