Weser-Kurier: Zum Wechsel im Bundesumweltministerium schreibt der "Weser-Kurier" (Bremen)
Bremen (ots)
So schnell kann es gehen. Eben noch "Muttis Klügster", jetzt entlassen. Doch die Eiseskälte, mit der Angela Merkel ihren einstigen Zögling abserviert hat, zeigt, dass das Verhältnis zwischen Kanzlerin und Norbert Röttgen schon seit längerer Zeit in Richtung Nullpunkt ging. Klar hat Röttgen die NRW-Wahl an die Wand gefahren. Das ist aber allein noch kein Grund, einen Minister aus dem Kabinett zu werfen. Doch der Umweltminister hat zuletzt Minuspunkte im Eiltempo gesammelt. Er zeigte sich beratungsresistent, als ihn führende Unionspolitiker drängten, sich unzweideutig für Düsseldorf zu entscheiden. Er befeuerte die Streitthemen Pendlerpauschale und Betreuungsgeld, obwohl Merkel Ruhe wollte. Dann sein Vorstoß, die Wahl zur Abstimmung über den Euro-Kurs der Kanzlerin machen zu wollen. Merkel soll getobt haben. Hinzukommen die Brandbeschleuniger. Seehofers Röttgen-Schelte im ZDF. Doch niemand der CDU-Oberen verteidigt den Umweltminister. Spätestens da dürfte Merkel bewusst geworden sein, wie einsam es um ihren einstigen Musterschüler geworden ist. Woran dieser nicht ganz schuldlos ist. Ob in der Fraktion oder im NRW-Landesverband - Röttgen hat sich mit Karrierefixiertheit und Überheblichkeit viele Feinde gemacht. Vielleicht hat er auch seine Position überschätzt, als er das angebliche Angebot eines Rücktritts abgelehnt haben soll. Manches spricht dafür, dass es am Dienstag zwischen den beiden gehörig gekracht hat. Zudem ist die Kanzlerin - das hat sie in ihrer Erklärung angedeutet - offenbar von Röttgens Arbeit nicht mehr überzeugt gewesen. Der hat sich bei der Energiewende kräftig verheddert. Ein angeschlagener Minister, der auch noch beim wichtigsten Regierungs-Projekt Schelte von Ländern, Kommunalverbänden, Wirtschaft, Umweltschützern und Fachwelt bezieht? Da hat Machtpolitikerin Merkel die Reißleine gezogen. Oder positiv ausgedrückt: Handlungsfähigkeit bewiesen. Natürlich rumort es nach diesem Paukenschlag in Teilen der CDU. Aber das ist noch lange keine Krise der Koalition, wie die Opposition sie herbeireden will. Zumal Merkel mit Peter Altmaier einen überzeugenden Nachfolger präsentiert. Der allerdings an der Fraktionsspitze eine große Lücke hinterlässt. Das zeigt, wie ausgereizt das Personaltableau der Christdemokraten ist. Zumal mit Röttgen ein weiterer Kronprinz verschlissen ist.
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