Weser-Kurier: Zum aktuellen Zinsdilemma der Sparer schreibt der Bremer WESER-KURIER:
Bremen (ots)
Haben Sie auch etwas fürs Alter auf die hohe Kante gelegt? Jetzt können Sie zuschauen, wie Ihr Guthaben abschmilzt. Und zwar allein durchs bloße Beobachten. Das ist tatsächlich nichts anderes als eine Enteignung von Sparvermögen. Daran wird sich auf absehbarer Zeit nicht ändern. Die EZB wird sich kurzfristig kaum von ihrer Linie der Niedrigzinsen abbringen lassen. Aber das Zinstief schmerzt nicht nur die Sparer, auch für Lebensversicherungen ist das Geschäft mit der Vorsorge nicht mehr attraktiv. Mehr noch - die Konzerne können die garantierten Renditen auf Dauer nicht mehr erwirtschaften. Denn nicht nur die kurzfristigen Zinsen sind so niedrig wie nie, auch lang laufende Rentenpapiere stehen kaum besser da. Ein "fatales Signal an alle Altersvorsorgesparer in Deutschland", klagt die Branche, die vor der Frage steht, ob ihr Geschäftsmodell auf lange Sicht überhaupt noch tragfähig ist. Jahrzehntelang wurde Sparen, Sparen, Sparen gepredigt. Und jetzt? Wagemutige könnten auf die Erholung im Süden von Euroland setzen und Anleihen aus den notleidenden Randgebieten der Währungszonen ins Depot legen. Dann müssen sie umfassendes Vertrauen haben in die Zinsentscheidung der Währungshüter. Was sind die Alternativen? Sachwerte? Schon ist von einer Immobilienblase die Rede. Was nützt es, wenn einerseits die Sollzinsen niedrig sind, andererseits aber die Haus- und Wohnungspreise explodieren? Eine typische Milchmädchenrechnung. Manch einer könnte gar auf die Idee kommen, im großen Stil billiges Geld aufzunehmen, um damit Immobilen oder Aktien zu finanzieren. Kreditgetriebene Vermögenspreisblasen nennen das die Experten und heben besorgt den Zeigefinger. Die aktuelle Niedrigzinspolitik der EZB nützt den südeuropäischen Krisenländern. Wenn aber das Problem der Krisenbanken nicht zügig angegangen wird, ist die positive Wirkung rasch verpufft. Die Herabstufung Frankreichs am Tag danach ist ein Warnzeichen. Die Regulierungsmechanismen der Währungshüter sind knapp geworden.
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