Weser-Kurier: Zum Coming-out des früheren Fußballprofis Thomas Hitzlsperger schreibt der Bremer WESER-KURIER:
Bremen (ots)
Mario Basler musste es ja wissen. "Es gibt keine schwulen Fußballprofis", behauptete der ehemalige Nationalspieler vor ein paar Jahren in einem Fernsehinterview. Nun ist endlich das Gegenteil bewiesen. Thomas Hitzlsperger wurde beim FC Bayern München ausgebildet. Er ist mit dem VfB Stuttgart deutscher Meister geworden. Er hat jahrelang in England und Italien gespielt und insgesamt 52-mal das Trikot der deutschen Nationalmannschaft getragen. Und: Er ist schwul. Das Coming-out von Thomas Hitzlsperger ist mutig. Und es ist überfällig. Homosexualität ist im Profisport noch immer ein Tabuthema, vor allem im Machosport Fußball. Wohl in keinem anderen Gesellschaftsbereich wird Homosexualität so sehr missachtet und als Schwäche angesehen wie im Fußball. Fans beleidigen den Schiedsrichter bei Fehlentscheidungen als "Schwuchtel". Trainer und Mitspieler bezeichnen ein missglücktes Zuspiel gerne als "schwulen Pass". Profifußball und Homosexualität - das passt in die Welt vieler Fans nicht hinein. Thomas Hitzlsperger verdient daher den größten Respekt für sein Coming-out. Er wird in den kommenden Tagen jede Menge Zuspruch erhalten, von Politikern, Verbandsfunktionären, Kollegen. Wichtiger ist aber, welche Schlüsse diese Politiker, Funktionäre, Fußballer und Fans aus dem Coming-out ziehen. Findet ein Umdenken statt? Werden homophobe Sprüche - egal ob im Stadion oder in der Kabine - geächtet? Und wird somit endlich ein Umfeld geschaffen, in dem sich ein Fußballer bereits während seiner aktiven Karriere offen zu seiner Homosexualität bekennen kann? Bislang ist der Profifußball noch allzu oft in alte Verhaltensmuster zurückgefallen. Etwa nach dem Freitod von Torwart Robert Enke (2009) oder dem Suizidversuch von Schiedsrichter Babak Rafati (2011), als auf viele nachdenkliche Worte früh der Alltag folgte. Es wäre daher naiv zu glauben, dass dieses Coming-out nun zu einem kollektiven Umdenken in der Branche führen wird. Bestimmt aber ist es ein erster Schritt in die richtige Richtung.
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