Weser-Kurier: Kommentar von Silke Hellwig zur Preispolitik der Deutschen Bahn
Bremen (ots)
Auf dreierlei versteht sich die Deutsche Bahn exzellent: auf den Fernreise-, den Güterverkehr und darauf, sich bei ihren Kunden unbeliebt zu machen. Wobei Letzteres nicht direkt als Geschäftsfeld zu bezeichnen ist. Das ändert aber nichts daran, dass viele Kunden eine Hassliebe mit dem Konzern verbindet, was auch daran liegt, dass sich der ehemalige Staatskonzern und Monopolist gerne so verhält als sei er beides noch. Bahnfahren ist teuer, wenn man keinen Sparpreis ergattert, dafür hält sich der Komfort gelegentlich in Grenzen: Verdreckte und überfüllte Züge, verschnupftes Zugpersonal, gestrichene und verspätete Verbindungen treiben die Kundschaft zur Verzweiflung, ändern aber oft nichts an den Preisen. Nur wer mindestens 60 Minuten zu spät kommt, darf bei der Bahn eine Entschädigung beantragen. Beantragen! Man mag noch einsehen, dass die Bahn regelmäßig ihre Preise erhöht, weil sie selbst Kunde von Unternehmen ist, die die Preise erhöhen, weil Tariflöhne steigen und, und, und. Zu berücksichtigen ist auch, dass im Nahverkehr regionale Verkehrsverbünde die Preispolitik mitgestaltet, und doch: mit Verständnis für die Kundschaft, geschweige denn mit irgendwelchen umweltpolitischen Ansprüchen hat es nichts zu tun, wenn ausgerechnet im Regionalverkehr die Preise steigen. Es trifft die Berufspendler, die Kunden, die auf die Bahn angewiesen sind und nicht zu einem privaten Konkurrenten wechseln, sondern allenfalls in ihr Auto umsteigen können. Die Bahn und ihre Partner bitten damit nicht nur das Gros ihrer Kunden zur Kasse, sondern obendrein ihre Stammkunden. Dankeschön. Auch gegenüber den Erste-Klasse-Reisenden nutzt die Bahn ihre Monopolstellung aus. Dieses Plus trifft keinen Armen. Aber je komfortabler und umweltfreundlicher das Reisen mit dem Auto wird, durch innovative Technik jeder Art, desto unattraktiver wird die Bahn samt ihrer Ersten Klasse und deren Preisen. Und je unrentabler die Bahn arbeitet, desto teurer wird es für die Passagiere. Bahnfahren ist vernünftig, es ist sicher, sauber und schnell, keine Frage. Dass man der Bahn dennoch Konkurrenz gönnt, das hat sie sich selbst zuzuschreiben. Sie hat jahrelang daran gearbeitet, sich unbeliebt zu machen.
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