Weser-Kurier: Über Merkels Türkei-Besuch schreibt Hans-Ulrich Brandt:
Bremen (ots)
Die Türkei hat Angela Merkel in ihrer bald zwölfjährigen Kanzlerschaft oft besucht. Schon zum neunten Mal ist sie nach Ankara gereist, und jedes Mal war ihr Gesprächspartner Recep Tayyip Erdogan. Ein politischer Routinebesuch war es dennoch nicht, im Gegenteil: Wohl selten dürfte der Kanzlerin ein Treffen mit Erdogan so schwer auf der Seele gelegen haben wie dieses Mal. Das Verhältnis zwischen beiden Ländern, die sich gegenseitig trotz aller Konfrontation eigentlich so brauchen, könnte vergifteter nicht sein. Für Diplomatie bleibt da wenig Spielraum. Dass sich das zerstrittene Paar trotzdem traf, direkt vor dem EU-Gipfel auf Malta, ist ein klarer Hinweis darauf, dass sowohl Berlin als auch Ankara den Gesprächsfaden nicht abreißen lassen wollen. Und das ist richtig so. Nichts wäre schlimmer, als gerade jetzt zu schweigen. Merkel hat das nicht getan. Sie hat Klartext geredet, für ihre Verhältnisse sogar besonders nachdrücklich. Sie hat Erdogan gewarnt, die Gewaltenteilung ebenso zu respektieren wie die Meinungsfreiheit. Und sie hat sich demonstrativ mit Vertretern der Opposition getroffen, obwohl die ihren Besuch bei Erdogan als "Wahlkampfhilfe" vor dem Verfassungsreferendum gegeißelt hatten. Das alles mag man als das Mindeste bezeichnen, was Merkel hätte tun müssen. Doch wäre es wirklich besser gewesen, die Kanzlerin wäre nicht gekommen? Gerade Erdogan sollte spüren: Deutschland schaut auf die Türkei.
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