Weser-Kurier: Kommentar von Carolin Henkenberens über Soziale Netzwerke
Bremen (ots)
Hunderte Angestellte einer Bertelsmann-Tochterfirma bearbeiten irgendwo in Berlin im Auftrag von Facebook gemeldete Inhalte. Nach welchen Regeln sie löschen, welche Qualifikation sie haben? Verrät Facebook nicht. Drastische Gewaltdarstellungen werden Insidern zufolge nur entfernt, wenn ein Kommentar unter dem Bild das Gezeigte gutheißt. Angesichts des Ausmaßes von Macht über die Denkweise einer Gesellschaft kann der Gesetzentwurf von Justizminister Heiko Maas (SPD) nur begrüßt werden. Endlich, es passiert etwas!
Der Ansatz ist gut. Doch der Entwurf löst das Kernproblem nicht: Soziale Netzwerke haben zu viel Einfluss. Die Betreiber sollen selbst entscheiden, was "offensichtlich rechtswidrig" ist und darum nach 24 Stunden verschwinden muss. Normalerweise entscheiden Richter über Straftaten wie Volksverhetzung oder Verleumdung. Was bedeutet "offensichtlich"? Den Netzwerken obliegt die Definition. Es ist unwahrscheinlich, dass sie aus Angst vor Geldstrafen die gesetzliche Vorgabe streng auslegen und massenhaft Beiträge löschen. Jede Löschung widerspricht ja ihrer Geschäftsidee.
Der Justizminister hat mit dem Gesetzentwurf auch aus einem zweiten Grund keinen Befreiungsschlag geschafft. Die Justiz bleibt bei der Strafverfolgung vom guten Willen der Unternehmen abhängig. Warum weiter kein Bußgeld droht, wenn sie Daten von möglichen Tätern nicht an Ermittler herausrücken, ist schlicht unverständlich.
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