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Rheinische Post: Kein Canossa-Gang

Düsseldorf (ots)

von Lothar Schröder
Merkels Anruf in Rom ist kein Canossa-Gang. Vieles an diesem 
Sinnbild ist schief. Weder die Macht der Politikerin noch der 
Einfluss des Papstes waren in diesem viertägigen Disput um den 
Holocaust-Leugner Williamson je bedroht. Für beide war es ernst, aber
nie existentiell. Und so machte sich Angela Merkel auch nicht zu Fuß 
und im Büßergewand über die verschneiten Alpen nach Italien zum Papst
auf - wie 1077 König Heinrich IV. Sie wählte eine Nummer und 
verständigte sich auf diplomatisch kürzestem Dienstweg mit dem 
Pontifex. Ein solches Gespräch freilich hätte auch ihr erster Schritt
zur Intervention und nicht erst der letzte Schritt eines 
Krisenmanagements sein können.
Was aber die fernmündliche Kommunikation mit der Mühsal von Canossa 
verbindet, ist dies: Auch diesmal geht es um eine Erschütterung der 
Welt, um eine Zäsur - in der gegenseitigen Beteuerung nämlich, am 
Gedächtnis der Shoa nie zu rütteln. Weil in Auschwitz mit dem 
jüdischen Volk auch das Christentum ausgerottet wurde. Und weil wir 
nach Auschwitz überhaupt nur beten können, weil in Auschwitz gebetet 
wurde. Das Christentum des 20. und 21. Jahrhunderts lebt in der 
Erkenntnis, dass Jesus Jude war.

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Rheinische Post
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