Rheinische Post: Typisch deutsch
Düsseldorf (ots)
Föderales Wirrwarr, eitle Professoren, getriebene Politiker - der Umgang mit der EHEC-Infektionswelle ist ein Paradebeispiel für die hysterischen Schübe, die unsere Gesellschaft von Zeit zu Zeit erfassen. "Typisch deutsch", wie Gesundheitsminister Bahr nassforsch, aber wahr aus dem Glashaus ruft. Wir haben keine Geduld mehr - nicht mit der Politik, nicht mit der Natur und auch nicht mit uns selbst. Nach Fukushima wurde überstürzt gehandelt. Ähnlich gehen wir jetzt mit der bedauerlichen Serie von Darmerkrankungen um. Die Irrationalität wird paradoxerweise durch die Pseudo-Rationalität geweckt, die unser Denken beherrscht: Unerwartetes passiert und soll umgehend erklärt werden. Kaum wird der technokratischen Elite, die die Rationalitäts-Lehre zum Dogma erhob, die Möglichkeit zur Ursachenforschung gegeben. Der Ruf an die Politik ertönt (auch von uns Medien), "etwas" zu unternehmen. Die Politiker werden wieder einmal von ihrem uneinlösbaren Versprechen eingeholt, auf alle Probleme komplexer Gesellschaften eine Antwort zu haben. Es scheint unerträglich, dass ungeklärt bleiben könnte, was die EHEC-Welle auslöste, weil möglicherweise die Beweismittel allesamt vertilgt sind. Immerhin: Minister Bahr könnte der EHEC-Debatte Würde zurückgeben und Statur gewinnen, handelte er unaufgeregt nach seinen eigenen Worten.
Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion
Telefon: (0211) 505-2303
Original-Content von: Rheinische Post, übermittelt durch news aktuell