Rheinische Post: Londons Seele ist verletzt
Düsseldorf (ots)
Ein Kommentar von Alexei Makartsev:
Tottenham, Hackney, Peckham, Croydon. Die Liste der von einer beispiellosen Gewaltwelle betroffenen Bezirke Londons liest sich wie die Liste der sozialen Brennpunkte der Stadt. Das ist die naheliegende Erklärung der Gewalt: London ist nicht nur eine faszinierende multikulturelle Drehscheibe, sondern auch eine Großstadt mit dunklen Seiten und gewaltigen Kontrasten. Während die City boomt, heizen Armut, Drogen, Arbeitslosigkeit und niedrige Bildungsstandards dort die sozialen Spannungen an, wo die Sozialdienste ohnehin extrem überfordert sind und wo die Polizei keinen guten Ruf genießt. Die Situation wird verschärft durch Kürzungen bei der Jugendarbeit und bei den Sicherheitskräften. Ein Funke genügt also und die armen Viertel fangen unweigerlich zu brennen an? Nein. So gewichtig die sozialen Probleme sind, damit alleine lässt sich die Londoner Anarchie nicht erklären. Da ist auch Lust an der Randale mit im Spiel, das Kalkül krimineller Banden und die Schwäche einer derzeit führungslosen Polizei. Die großen Verlierer sind die Menschen in London. Manche haben durch die Krawalle nicht nur Wohnungen und Jobs verloren, sondern auch ihr Lebensgefühl. Die Wunden in der Seele der Hauptstadtbewohner sind so tief, dass sie möglicherweise nicht rechtzeitig zum Beginn der Olympischen Spiele in einem Jahr heilen werden.
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