Rheinische Post: Renten-Märchen Kommentar Von Antje Höning
Düsseldorf (ots)
Keine Sozialreform ist in der Bevölkerung so unbeliebt wie die Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre. Nun startet die Reform. Wer in diesem Jahr 65 wird, muss einen Monat über seinen Geburtstag hinaus arbeiten, um die volle Rente zu bekommen. Diesen Anlass nutzt CSU-Chef Horst Seehofer, um die Rente mit 67 infrage zu stellen und mal wieder den Volkstribun zu geben. Das ist absurd. Die CSU war Teil jener großen Koalition, die die Reform einst beschlossen hatte. Und das aus gutem Grund: Weil die Deutschen erfreulicherweise länger leben als früher, beziehen sie auch länger Rente. Wer 1970 in Rente ging, lebte im Schnitt noch elf Jahre. Inzwischen sind es 18 Jahre. Das hält ohne Reform keine Rentenkasse aus, zumal im schrumpfenden Deutschland immer weniger Arbeitnehmer in sie einzahlen. Seehofer behauptet, Ältere hätten schlechte Beschäftigungs-Chancen. Ein weiß-blaues Märchen. Ältere sind in Deutschland mehr als andere vor Kündigungen geschützt. In Bayern herrscht vielerorts bereits Vollbeschäftigung. Wer vorzeitig in Rente geht, geht meist freiwillig. Und das mit Abschlägen, die weit unter denen liegen, die versicherungsmathematisch notwendig wären. Seehofers Not mit Blick auf die Bayern-Wahl 2013 scheint groß zu sein.
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