Rheinische Post: Obamas Kunststück
Düsseldorf (ots)
Nein, es war nicht die zündende, brillante Rhetorik des Hoffnungsherbstes 2008. "Hope" und "Change" hätten auch schlecht gepasst zur aktuellen Stimmungslage der Amerikaner, zu hoher Arbeitslosigkeit und Rekordschuldenbergen. Vielmehr musste Barack Obama das Kunststück fertigbringen, die großen Versprechen der euphorischen Zeit mit der deutlich tristeren Realität zu versöhnen. Er versuchte es, indem er die Geduld der Amerikaner beschwor, wie ein Bergführer auf schwieriger Gratwanderung: Es dauert länger als gedacht, aber der Weg ist der richtige, und der Kompass funktioniert. Nur: Reden allein entscheiden kein Votum, schon gar nicht in Zeiten der Ernüchterung, in denen sich der Bürger skeptisch anhört, was die Politiker verkünden. Über das Ergebnis bestimmen Fakten, allen voran Arbeitslosenstatistiken und Wachstumsprognosen. Hellt sich der Konjunkturmittel auf, steigt Obamas Glaubwürdigkeit. Verdunkelt er sich, klingen die Worte aus dem Weißen Haus in den Ohren ungeduldiger Wähler irgendwie hohl. Dabei hat der Bergführer Obama im Grunde kaum Einfluss auf die Großwetterlage, auf Eurokrise, Ölpreis oder die chinesische Konjunktur. Er kann nur hoffen, dass seine Wandertruppe nicht entnervt den Rückweg antritt.
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