Rheinische Post: Wulff und Rechtsstaat = Von Reinhold Michels
Düsseldorf (ots)
Das ist ja das Vorzügliche an einem intakten Rechtsstaat: dass er - Ausnahmen gibt es überall - das Recht weder biegt noch beugt, ihm vielmehr Geltung verschafft zugunsten beziehungsweise zulasten aller Menschen, seien es nun Putzhilfen, Pennäler oder Präsidenten. Das ist aber auch das Vertrackte am Rechtsstaat: dass er sich manchmal, wie im Falle des gewesenen, übrigens politisch unzulänglichen Staatsoberhaupts Christian Wulff, in (Ankläger-)Schale wirft, doch am Ende die Jacke mit dem kleinen Karo anzieht. Es widerspricht jeder Lebenserfahrung, dass sich ein Regierungschef, der Wulff im fraglichen Jahr 2008 war, für Gefälligkeit und Geselligkeit auf gehobenem Spesenniveau korrumpieren ließ. Die läppische Oktoberfest-Sache, um die es nur noch geht, riecht stark nach Freispruch. Vielleicht wollte die Staatsanwaltschaft, die sich verrannt hat, deshalb Wulff vor vier Monaten so gerne auf die Leimrute der Verfahrenseinstellung gegen Geldauflage locken. Wulff kroch nicht. Der Unglücksrabe war wenigstens diesmal gut beraten. Man wünscht ihm, dass das so bleibt.
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