Rheinische Post: Kommentar
Pariser Justiz-Murks
= Von Jochen Gottschalk
Düsseldorf (ots)
Die Chefin des Internationalen Währungsfonds IWF ist in Paris verurteilt worden. Christine Lagarde soll sich in ihrer Zeit als französische Finanzministerin der Nachlässigkeit in einem Schiedsgerichtsverfahren schuldig gemacht haben - es ging um die "Bagatelle" von 400 Millionen Euro zulasten der Staatskasse. Bestraft werden soll Lagarde aber nicht, mit Rücksicht auf ihre internationale Reputation. Eine bizarre Begründung für ein bizarres Urteil nach einem vermurksten Prozess. Eine schlechte Entscheidung zu treffen ist keine strafbare Fahrlässigkeit, das fand selbst die Staatsanwaltschaft, die gegen eine Verurteilung plädiert hatte. Aber das Pariser Sondertribunal bestand zu drei Vierteln nicht aus Juristen, sondern aus Politikern. Es war in Wirklichkeit ein politischer Prozess, der Versuch einer indirekten Abrechnung mit Lagardes einstigem Chef, dem damaligen Präsidenten Nicolas Sarkozy. Der spielt inzwischen politisch keine Rolle mehr, Lagarde dagegen sehr wohl. Der Schuldspruch kann sie ihr IWF-Amt kosten, und das wäre ein großer Verlust - ganz besonders für uns Europäer.
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