Rheinische Post: Situation verkannt Kommentar Von Christian Schwerdtfeger
Düsseldorf (ots)
Der Vorfall in der Essener Bank hatte vor einem Jahr eine bundesweite Debatte über die Verrohung unserer Gesellschaft ausgelöst. Ein Aufschrei der Entrüstung war durch die Republik gegangen. Die Tat wurde zu einem Symbol für Gefühlskälte. Wie können vier Menschen einen am Boden liegenden Rentner nicht helfen? Dass es Menschen gibt, die im Notfall lieber wegsehen als einzugreifen, ist leider nicht ungewöhnlich. Die Beweggründe für ein solches Verhalten sind so vielschichtig wie situationsabhängig. Manche haben schlichtweg Angst, etwas falsch zu machen oder selbst zum Opfer zu werden. Oder sich strafbar zu machen. Andere meinen, gerade wenn mehrere Menschen vor Ort sind, dass die anderen schon helfen werden - oder es sogar schon getan haben. Im Essener Fall griffen die Angeklagten nicht ein, weil sie die Situation verkannten. Sie hielten den Verletzten für einen schlafenden Obdachlosen. Das macht ihr Verhalten nicht besser, aber etwas erklärbar. Sie haben den Mann also nicht bewusst seinem Schicksal überlassen - sie haben ihn "nur" ignoriert.
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