Rheinische Post: Kommentar
Was Fankultur im Innersten ausmacht
= Von Stefan Klüttermann
Düsseldorf (ots)
Fankultur ist ein großer Begriff geworden über die Jahre. Der Eindruck drängt sich auf, unter ihm lasse sich heute alles subsumieren: soziale Projekte genauso wie Fahnen-Klau, die Verbundenheit in der Kurve genauso wie der demolierte Sonderzug. Über manche Auswüchse kann ein Außenstehender lächeln, den Kopf schütteln oder zu Recht wütend werden. Doch wenn nun die Fanszene von Borussia Mönchengladbach die beliebte Einlaufhymne abschafft, ist das kein Kinderkram. Die Debatte darüber verdeutlicht, was Fankultur im Innersten ausmachen kann.
Denn es war eben keine Übertreibung, wenn der Stadionsprecher bei Heimspielen "Die Elf vom Niederrhein" regelmäßig als "unsere Nationalhymne" ankündigte. Nicht weniger war dieses Lied im Fall der Borussen-Anhängerschaft. Es war der emotionale Startschuss für die kommenden 90 Minuten. Der größte gemeinsame Nenner auf den Rängen. Die aus Zehntausenden Kehlen gesungene Visitenkarte der Fans. Der Startknopf für Gänsehaut. Selbst Spieler können die Hymne irgendwann auswendig. Wenn ein solches Lied verschwindet, lässt das niemanden kalt, der sich Fan nennt. Und das völlig zu Recht, weil mit dem Lied ein Stück Identifikation von seinem angestammten Platz verschwindet.
Es gibt aber auch gute Nachrichten: Erstens wird "Die Elf vom Niederrhein" weiter im Vorprogramm eines Borussia-Spiels laufen, zweitens ist der Nachfolger "Die Seele brennt" ähnlich beliebt, und drittens rückt die Debatte um die Hymne den Blick mal wieder auf die integrative Seite der Fankultur. Eine Seite, die in der vergangenen Saison angesichts der vielen Meldungen über drohende Spielabbrüche, Hass-Plakate oder Überfälle auf rivalisierende Fangruppen in den Hintergrund geraten ist.
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