Kommentar: Arznei-Verlosung ist unethisch
Düsseldorf (ots)
Man kann die Eltern der Kinder, die an Spinaler Muskelatrophie leiden, so gut verstehen: Natürlich wollen sie möglichst schnell das neue Medikament haben, das die oft tödlich verlaufende Krankheit vielleicht stoppen kann. Darum ist es gut, dass Novartis nun das Mittel Zolgensma im Rahmen eines Härtefallprogramms zur Verfügung stellt, bevor es offiziell zugelassen ist. Solche Programme mit klaren Spielregeln sind vom deutschen Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehen. Auch sind die hohen Kosten kein grundsätzliches Problem: Pharmaforschung ist teuer und von Rückschlägen begleitet, Hersteller müssen ihre Kosten wieder reinholen können. Was aber nicht geht ist das Verfahren, das sich Novartis ausgedacht hat, um die knappen Dosen zu verteilen: Erstmals in der Pharma-Geschichte soll lebensrettende Arznei verlost werden. Per Computer, was sich so seriös anhört, aber es bleibt eine Lotterie auf Leben und Tod. In Deutschland werden pro Jahr rund 50 Kinder mit der schweren Krankheit geboren. Bei 100 weltweit zu verteilenden Dosen kann man sich die Chance ausrechnen, ein Glückslos zu ziehen. Das kann es nicht sein.
Zweifellos stecken Hersteller und Krankenkassen in einem Dilemma. Doch dafür gibt es im deutschen Gesundheitssystem ein ethisch überzeugenderes Verfahren als das Los. Auch das Angebot an Spenderorganen reicht bei weitem nicht aus, um die Nachfrage zu decken. Auch hier läuft vielen Patienten die Zeit davon. Doch man hat ein Prozedere mit klaren Kriterien und Ranglisten entwickelt, das den Umgang mit den knappen Organen regelt. Es ist unverständlich, warum der Schweizer Konzern nicht auf ein solches transparentes Verfahren setzt. Man kann nur hoffen, dass die Millionen-Lotterie nicht Teil des Marketings zur Produkteinführung ist.
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