Rheinische Post: Merkel und das Wagnis der Freiheit
Düsseldorf (ots)
Von Stefan Reker
Mehr Freiheit wagen. Wie schön klang das noch in der Regierungserklärung der Bundeskanzlerin Merkel, wenngleich sie dieses Motto in der Koalition mit der SPD nur begrenzt umsetzen kann. Als CDU-Vorsitzende hätte sie sich beim Grundsatzkongress ihrer Partei mehr Freiheit nehmen können, doch Merkel hielt sich merkwürdig zurück: Sie sehe "keine Hierarchie" unter den Grundwerten Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit. Dabei spricht ihre Biographie und ihre Handschrift in den Reformbeschlüssen des Leipziger Parteitags für einen klaren Vorrang der Freiheit. Und zwar nicht nur für die Freiheit von Diktatur, wie die DDR-Bürger sie sich 1989 zurückerobert haben, sondern auch die Freiheit zu Leistung und Eigenverantwortung, zu weniger Staat. Dazu hat man von Merkel schon mal Mutigeres gehört. Gestern wollte sie den Konflikt zwischen den "Sozialen" und den "Neoliberalen" in der CDU erkennbar nicht weiter anheizen. Dass Merkel keine detaillierten Programmlinien vorgibt, gebietet freilich der Respekt vor den Mitgliedern. Die anderthalbjährige Programmdebatte in der Partei kann schlechterdings nicht mit einer Ansage beginnen, was am Ende gefälligst herauszukommen hat. Wer hier das Fehlen von "Machtworten" kritisiert, verrät nur etwas über sein mangelndes Verständnis demokratischer Spielregeln.
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