Rheinische Post: Atom-Theater
Düsseldorf (ots)
Von Alexander von Gersdorff
Im Streit um die Nutzung der Kernenergie geht es in der Bundesregierung mittlerweile zu wie in einem Kasperletheater. Die Hauptprotagonisten hören auf die Namen Michael Glos (Wirtschaftsminister, CSU, Pro-Atom) und Sigmar Gabriel (Umweltminister, SPD, Anti-Atom). In dem verbalen Handgemenge ist noch nicht auszumachen, wer hier das Kasperle und wer der Seppl ist. Aktueller Streit-Auslöser ist die vom Energiekonzern RWE beantragte Laufzeitverlängerung für den Kernkraftwerksblock Biblis A. Der Antrag entbehrt nicht der Hinterlist, will RWE doch "Reststrommengen" eines Reaktors übertragen, der nie ans Netz gegangen ist. Gabriel hat das sofort durchschaut und lehnte - natürlich nicht ohne Sticheleien - die Verlängerung ab. Glos witterte die Chance, seinem Dauerwidersacher im Kabinett eins auszuwischen und reklamiert ein Vetorecht für sich. So erfährt das staunende Publikum nebenbei, dass die Atom-Entscheidungskompetenzen nicht eindeutig geregelt sind. Die Kanzlerin macht in dieser Situation das einzig Richtige: sich auf die Seite der SPD zu schlagen. Damit sichert sie den Koalitionsfrieden und verschiebt die Lösung in dem Streit in die ferne Zukunft. Bis 2020 ist schließlich noch Zeit genug zum Umdenken.
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