Die Bahn und ihre Geschichte in Nürnberg
Schon mehr als 80.000
Besucher haben ersten Teil der neuen Dauerausstellung gesehen
Berlin/Nürnberg (ots)
Sommerausflüge im Terrassenwagen hinter einer Dampflok, das ist ein Traum, den sich Könige erfüllen. Könige gibt es Deutschland nicht mehr, aber den Terrassenwagen des Märchenkönigs Ludwig kann man im Deutschen Bahn Museum in Nürnberg immer noch besichtigen. Im Juli 1865 hatte der bayerische König Maximilian II. den Wagen beim Hoflieferanten Klett & Comp bestellt. Vier Wochen später konnte das königliche "Cabrio" auf die Schienen gestellt werden. Zusammen mit einem Salonwagen, der im Auftrag von König Ludwig II. im "Renaissancestil, Genre Louis XIV" aufwendig umgebaut wurde, sind diese kuriose Wagen die einzige vollständig erhaltene Fahrzeuge eines Hofzuges deutscher Fürstenhäuser.
Zu der Zeit, als die bayerischen Könige ihre Luxuswagen bauen ließen, war die Bahn konkurrenzlos schnell und bequem. Schon bald nach der Eröffnung der ersten Strecke zwischen Nürnberg und Fürth wurde die Bahn zum wichtigsten Impulsgeber der Industrialisierung in Deutschland, und die privaten und staatlichen Bahnen beschäftigten immer mehr Arbeitskräfte. Städte und ganze Landschaften veränderten sich mit und um die Eisenbahn. Binnen weniger Jahrzehnte verwandelte sich die gesamte Lebenswelt der Menschen wie nie zuvor in der Geschichte. Die Bahn revolutionierte nicht nur den Verkehr und die Wirtschaft, sondern auch die Arbeitswelt und den Alltag. Dadurch wurde die Bahn rasch zu einem Politikum. Diese vielfältigen Beziehungen zwischen der Entwicklung der Eisenbahn und der Gesellschaft will das Deutsche Bahn Museum verdeutlichen.
Das Deutsche Bahn Museum in Nürnberg
Das Firmenmuseum ist erst seit fünf Jahren im Besitz der Deutschen Bahn AG. Die Sammlungen gehen zurück auf die Zeit, als es noch das "Königlich Bayerische Eisenbahnmuseum" war. Um so größer ist die Herausforderung, dem Museum als Schaufenster der Bahn ein neues Profil zu geben. Seit 1996 hat sich hier viel getan. Manches, wie etwa die Neuordnung und EDV-gestützte Erschließung der Sammlungen, ist für die Besucher nicht sichtbar. Anderes, wie die Eisenbahn-Erlebniswelt, die vor allem bei Kindern und ihren Eltern sehr beliebt ist, oder die neue Dauerausstellung, deren erster Abschnitt im März dieses Jahres eröffnet wurde, zeigen schon jetzt den Weg, den das Firmenmuseum in Zukunft gehen wird.
Neue Dauerausstellung "Auf getrennten Gleisen"
Schon 84.000 Besucher haben den ersten Teil der neu eröffneten Dauerausstellung "Auf getrennten Gleisen. Reichsbahn und Bundesbahn 1945-1989" gesehen. Da stehen sich Goggomobil und Schienenbus, beide feuerrot, gegenüber. Die große Sehnsucht im Nachkriegsdeutschland nach einem eigenen Auto, und sei es noch so klein und unbequem, bekam die Bundesbahn sehr schnell zu spüren. Die beliebte Fahrt ins Grüne wurde zunehmend nicht mehr mit der Bahn, sondern mit dem Auto unternommen. Mit dem Schienenbus, der dem Fahrgast von allen Plätzen freie Sicht nach außen und durch den Wagen bot, versuchte die Bahn ein attraktives Angebot für die Nebenstrecken zu etablieren. Tatsächlich konnte der Schienenbus, der auch "Retter der Nebenbahnen" genannt wurde, dazu beitragen, dass der Kurzausflug ins Grüne mit der Bahn attraktiv blieb.
Vor ganz anderen Problemen stand die Reichsbahn in der DDR. Hier war die Bahn immer noch das Verkehrsmittel schlechthin. Doch die Modernisierung des Streckennetzes und des Wagenparks musste sich den strengen Gesetzen der sozialistischen Planwirtschaft unterwerfen. Während in der Bundesrepublik schon bald mit der Elektrifizierung des Streckennetzes begonnen wurde, setzte die DDR auf Dieselfahrzeuge, die mit preiswertem Öl vom "Großen Bruder" Sowjetunion betrieben wurden. Erst als die Sowjets in den Siebziger Jahren die Ölpreise dem Weltmarktniveau anpassten, begann die Reichsbahn mit großem propagandistischen Aufwand, die Elektrifizierung voranzutreiben. Eine rote Fahne des Ministeriums für Verkehrswesen und der Industriegewerkschaften Transport und Nachrichtenwesen zeugt davon: "Kampfaufgabe Elektrifizierung" lautete die Parole, unter der 750 km Eisenbahnstrecken elektrifiziert werden sollten. Hubschrauber wurden als fliegende Kräne eingesetzt, mit denen Masten gesetzt und Fahrdrähte gezogen werden. Dieses Verfahren war kostspielig, hatte aber den Vorteil, dass die Elektrifizierung ohne Unterbrechung des Fahrbetriebs vonstatten gehen konnte.
Die Geschichte von Reichsbahn und Bundesbahn gemeinsam und ausgewogen zu präsentieren, war für die Ausstellungsmacher eine große Herausforderung. Denn die Sammlungsstrategie des Museums war in den Jahrzehnten vor der Wiedervereinigung fast ausschließlich auf Westdeutschland ausgerichtet. Da dem Haus in dieser Zeit vorrangig eine Rolle als technisches Museum zugeschrieben war, befanden sich überdies kaum Dokumente und Objekte zu Themen wie Arbeitsalltag, Reisekultur oder Werbung in den Magazinen. Hier galt es, in Archiven, Museen und privaten Sammlungen auf die Suche nach Exponaten wie dem legendären "Dispatcherlatschen", einem Gegensprechgerät der DDR-Reichsbahn, oder Schallplatten der Bundesbahn-Werbcampagnen wie "Go easy - go Bahn" zu gehen. Vieles konnte dabei mit Hilfe der Mitarbeiter der Bahn selbst aufgespürt werden. Die große Resonanz auf die Aufrufe des Museums in der Mitarbeiterzeitung "Bahnzeit" zeigen, wie sehr die Mitarbeiter der Deutschen Bahn AG mit der Geschichte ihres Unternehmens verwachsen sind, und das Museum in seiner Arbeit unterstützen.
Erfahrung und Erstaunen
Die Besucherzahlen und die Unterstützung durch die Mitarbeiter der Bahn bestätigen das neue Museumskonzept. Die Bahn ist als technisches System und alltäglicher Dienstleister für viele Menschen faszinierend. Doch so wie Könige davon träumen, im offenen Wagen durch Landschaften zu gondeln, ist es der Traum eines jeden Museumsmachers, dass jeder Besucher sein Museum nicht nur schlauer, sondern auch gewitzter verlässt. Deshalb wird in Nürnberg Bekanntes immer neben Überraschendem stehen, um spielerisch Zusammenhänge zu erklären, die in der Alltagserfahrung, der Nostalgie der Erinnerung oder im Spezialistentum manch eines Eisenbahnbegeisterten untergehen.
In den letzten zehn Jahren ist die Zahl der Museen in Deutschland stark gestiegen. Dementsprechend müssen Museen und Ausstellungsmacher unabhängig davon, ob sie privat oder mit öffentlichen Geldern finanziert werden, miteinander kooperieren. Hier unterscheiden sich technisch und kulturgeschichtlich orientierte Museen wenig von großen Gemäldegalerien. Den Terrassenwagen des bayerischen Märchenkönigs wird das Bahnmuseum kaum ausleihen, dazu ist er in seiner Einmaligkeit zu wertvoll. Doch der Kanzlerwagen, mit dem einst Adenauer nach Moskau fuhr, den kann man nicht in Nürnberg, sondern im Haus der Deutschen Geschichte in Bonn bewundern. Er erzählt eine andere Geschichte als die sommerlichen Vergnügungsfahrten deutscher Könige. Wie aber die Bahn nach den Zerstörungen wieder in Gang kam, wie die Zugverbindungen zwischen Ost und West verliefen, dies kann man nur im Bahnmuseum in Nürnberg sehen.
Hinweis für die Redaktionen :
Fotos zur Ausstellung können bei Frau Bittner, DB Museum bestellt werden.
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