Europa-Premiere: Das neue europäische Leit- und Sicherungssystem startet Serienerprobung bei Tempo 200
Berlin (ots)
Mehdorn: "Jede Investition in die Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Schiene ist eine Investition in ökologisch sinnvolle Mobilität"
Auf einer ersten Testfahrt mit internationalen Gästen aus Politik und Industrie haben die Deutsche Bahn und ihre beiden Industriepartner Siemens Verkehrstechnik und Alcatel am Montag, 7. Juli 2003, die Serienerprobung für das neue europäische Leit- und Sicherungssystem ETCS aufgenommen: Erstmals in Europa war ein lokbespannter, ETCS-geführter Zug zwischen Jüterbog und Bitterfeld mit 200 km/h unterwegs.
Im Beisein von Angelika Mertens, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium, Hartmut Mehdorn, Vorstandsvorsitzender der DB AG, Friedrich Smaxwil, Mitglied des Bereichsvorstands Siemens Transportation Systems und Jean-Pierre Forestier, Präsident Alcatel Transport Automation Solutions stellten Bahn und Industrie die Weichen für den Einstieg in eine zukunftsweisende Technologie.
Alcatel und Siemens werden auf der Pilotanlage der Bahn auf der Strecke Berlin - Leipzig den Nachweis der Einsatzfähigkeit des Systems unter den in Deutschland geltenden technischen und betrieblichen Bedingungen erbringen.
"Wir sind eine der leistungsfähigsten Bahnen in Europa mit einem hohen technischen Standard", sagte Bahnchef Mehdorn. "Wir werden nicht nachlassen, sinnvolle neue Techniken anzuwenden, wenn sie wirtschaftlichen Erfolg sichern und Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagern helfen." Dabei sei wichtig, einen geordneten Wechsel von der bisherigen Technologie zu ETCS zu vollziehen. Diese sogenannte Migration sei die große Herausforderung der kommenden Jahre und Jahrzehnte. Wie nur wenige Länder in Europa verfüge Deutschland indessen bereits heute über gleichwertige Systeme zu ETCS. "Deshalb", so Mehdorn weiter, "ist die Umstellung primär ein Beitrag zur Harmonisierung der technischen Systeme. Deshalb stehen bei diesem Systemwechsel primär die Kosten und deren Finanzierung im Vordergrund."
"In weitgehender Übereinstimmung mit der Eisenbahnpolitik der EU ist auch die Bundesregierung der Überzeugung, dass es für die Eisenbahnen keine Alternative gibt, sich der europäischen Herausforderung zu stellen. Im Rahmen der begrenzten Möglichkeiten wird die Politik als Schützenhilfe ihren Anteil leisten", so die Parlamentarische Staatssekretärin Angelika Mertens. Dass die Wahl der Teststrecke auf eine wichtige Bahnlinie in den neuen Bundesländern gefallen ist und hier positive Impulse bewirkt, werte sie in mehrerlei Hinsicht als Signal zum Aufbruch.
Friedrich Smaxwil, Bereichsvorstand Siemens Transportation Systems sagte: "Der heutige Tag markiert den Einstieg in einen grundlegenden technischen Wandel im Eisenbahnverkehr in Deutschland. Die deutsche Industrie hat die Entwicklung von ETCS seit 1995 in Europa mit Nachdruck vorangetrieben. Die Deutsche Bahn und die deutsche Industrie sind heute aufgrund ihrer gemeinsamen Anstrengungen bei dieser neuen Technologie führend in Europa."
"Der einheitliche Standard ist ein Meilenstein in der Geschichte der Eisenbahnsignaltechnik und wird helfen, die Grenzen in Europa zu überwinden", so Jean-Pierre Forestier. "Wir sind stolz, diese Entwicklung mitzugestalten. Der maßgebliche Beitrag dazu wurde hier in den neuen Bundesländern geleistet: In unserem Entwicklungszentrum in Berlin und in unserem Werk für Eisenbahnsignaltechnik in Arnstadt in Thüringen."
Das Umsteigen von den bisherigen Systemen zu ETCS auf dem rund 3.300 Kilometern für den Hochgeschwindigkeitsverkehr vorgesehenen Streckennetz braucht - technisch bedingt - eine Übergangszeit, in der beide Systeme parallel arbeiten. Deshalb werden viele Streckenkilometer und einige tausend Fahrzeuge mit beiden Systemen ausgestattet werden müssen. Denn Strecke und Fahrzeuge sind eine Einheit. So sind Investitionen sowohl in Fahrzeuge als auch in die Strecke notwendig - Balisen, also elektronische Übertragungspunkte im Gleis, Streckenzentralen und Stellwerke mit den Schnittstellen zu GSM-R, dem speziell gestalteten Mobilfunk für Eisenbahnen. Und das zusätzlich zu den heutigen leistungsfähigen Sicherungssystemen, die noch auf Jahre hinaus allen Anforderungen eines modernen nationalen Bahnbetriebs genügen.
Der Kostenumfang der Migrationphase und der Doppelausrüstung von Fahrzeugen und Strecke ist heute noch nicht endgültig zu beziffern. Realistisch betrachtet, erwartet die Bahn alleine für die Ausrüstung der Strecken im Hochgeschwindigkeitsverkehr Kosten in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro. Auch deshalb erwartet die Bahn eine Migrationszeit von 15 bis 20 Jahren.
Bahnchef Medorn begrüßte die signalisierte öffentliche Bereitschaft, diese notwendige Harmonisierung im europäischen Schienenverkehr zu finanzieren. "Jede Investition in die Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Schiene ist eine Investition in ökologisch sinnvolle Mobilität. ETCS bringt uns einen großen Schritt näher zum politisch gewollten und ökonomisch sinnvollen uneingeschränktem internationalen Schienenverkehr."
Christine Geißler-Schild Sprecherin Technik Deutsche Bahn AG Tel. 030 / 29761168 Christine.geissler-schild@bahn.de
Bernd Edelmann Press Office Siemens Transportation Systems Tel. 09131 / 727338 bernd.edelmann@siemens.com
Veronika Hucke Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Alcatel Deutschland GmbH Tel. 0711 / 82143843 v.hucke@alcatel.de
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