Stell dir vor, Deutschland wird von einem Terroranschlag getroffen und niemand hat sich für die Vorzeichen interessiert
Hamburg (ots)
Während die Terroranschläge von Madrid und London unsere europäischen Nachbarn zu allerhöchster Wachsamkeit alarmierten, waren die hiesigen Institutionen überzeugt, bereits alles erforderliche für die Gewährleistung der Inneren Sicherheit Deutschlands geleistet zu haben.
Seit Mittwoch, dem 31. Mai 2006, breiten sich unter den verantwortlichen Sicherheitsexperten in Deutschland jedoch zunehmend Zweifel aus. Seither ist öffentlich bekannt, dass die Islam-Konvertitin Sonja B. in letzter Minute vor ihrer Ausreise zum geplanten Selbstmordattentat aufgegriffen werden konnte.
Doch was könnte die diplomierte Sozialwissenschaftlerin aus Berlin-Neuköln veranlassen, sogar ihren zweijährigen Sohn Abdullah für ein Attentat zu opfern? Antworten standen im Internet und bestätigten die neue Rekrutierungspraxis von Terror-Organisationen, den Nachschub an Attentätern für den Jihad verstärkt per Internet zu organisieren.
Dieses neue "Online-Rekrutierungsmuster" wurde erstmals im Juli 2005 von den Internet-Sicherheitsexperten der PAN AMP AG dokumentiert und veröffentlicht. Unter anderem wurden zahlreiche Terror-Anleitungen und Foren in türkischer Sprache aufgedeckt, welche auf Servern in Deutschland gehostet worden sind. Alle dabei gewonnenen Erkenntnisse wurden den zuständigen staatlichen Stellen, nachfolgend auch ausländischen Geheimdiensten, übermittelt. Weiter wurde die Society for Internet Research (SoFIR) im Oktober 2005 über den Vorfall unterrichtet.
Das noch im Oktober von Terrorismus-Experten in Deutschland belächelte neue "Online-Rekrutierungsmuster" wurde bereits im November 2005 zur tödlichen Realitität: Die 38-jährige Murel D. - eine Konvertitin aus Belgien - beendete ihr Leben mit einem Selbstmordattentat. Auch hier erfolgte die Anwerbung über das Internet. Die Tatsache, dass die Rekrutierung zudem über Server in Deutschland erfolgte, löste bei den Ermittlern ein massives Gefühl des Unbehagens aus. Verständlich, wenn man bedenkt, das die staatlichen Stellen seit Oktober 2005 von dem Terror-Netzwerk in Deutschland Kenntnis hatten und sich Server des "Mucadele-Netzwerks", welches sich von Deutschland über Belgien, Dänemark, bis nach Kanada erstreckte, im eigenen Bundesland befanden.
Die ganze Tragweite der bisherigen Ermittlungspannen wurde jedoch erst nach nochmaliger Analyse der Online-Beweissicherung aus dem Oktober 2005 sichtbar. Neben den Kontaktdaten von Murel D. konnten weitere Daten zu Personen aus Deutschland, Dänemark, Frankreich, der Türkei und anderen Nicht-EU-Staaten festgestellt werden. Die weiteren Ermittlungen leitet nunmehr der Staatsschutz Berlin. Hierzu sagte Bert Weingarten, Vorstand der PAN AMP AG: "Ich begrüße es außerordentlich, dass der behördliche Kompetenzkampf für die Nichtverantwortung nunmehr beendet ist und eine staatliche Stelle sich ebenfalls die Frage stellt, warum die Ermittlungen nicht im Oktober 2005 vorangetrieben wurden, sondern erst unmittelbar vor der Fußball WM hochgefahren werden".
Das Interview zu den Verbindungen nach Dänemark, Belgien und Kanada wird am kommenden Montag per Deutsche Welle (www.deutschewelle.de) weltweit ausgestrahlt. Der Fernsehbericht wird in Deutsch und Englisch veröffentlicht. Entsprechendes Bild-, Ton und Filmmaterial steht bei PAN AMP zur Verfügung.
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