Kommunales Finanzierungsdefizit steigt im 1. Halbjahr 2024 auf 17,3 Milliarden Euro
WIESBADEN (ots)
Ausgaben der kommunalen Kern- und Extrahaushalte wachsen mit +10,8 % zum Vorjahreszeitraum deutlich stärker als die Einnahmen mit +5,1 %
Die Kern- und Extrahaushalte der Gemeinden und Gemeindeverbände (ohne Stadtstaaten) in Deutschland wiesen im 1. Halbjahr 2024 ein Finanzierungsdefizit von 17,3 Milliarden Euro auf. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach vorläufigen Ergebnissen der vierteljährlichen Kassenstatistik mitteilt, ist das Finanzierungsdefizit damit gegenüber dem 1. Halbjahr 2023 weiter gewachsen. Damals hatte das Defizit 7,3 Milliarden Euro betragen.
Das Defizit ist allein auf die Kernhaushalte zurückzuführen: Mit 17,3 Milliarden Euro im 1. Halbjahr 2024 war es mehr als doppelt so hoch wie im 1. Halbjahr 2023 (8,2 Milliarden Euro). Die Extrahaushalte waren dagegen im 1. Halbjahr 2024 mit einem leichten Überschuss von 36 Millionen Euro knapp ausgeglichen. Im Vorjahreszeitraum hatten die Extrahaushalte einen Überschuss von 0,8 Milliarden Euro verbucht.
Ausgaben für Sozialleistungen wachsen deutlich
Das Defizit in den Kernhaushalten wuchs, weil der Einnahmenzuwachs nicht mit dem starken Ausgabenwachstum Schritt hielt: Die bereinigten Ausgaben der Kernhaushalte der Gemeinden und Gemeindeverbände stiegen im 1. Halbjahr 2024 im Vergleich zum 1. Halbjahr 2023 erneut stark um 9,0 % beziehungsweise 14,0 Milliarden Euro auf 169,2 Milliarden Euro.
Treiber der Ausgaben der kommunalen Kernhaushalte waren vor allem die Sozialleistungen, die im 1. Halbjahr 2024 um 12,5 % oder 4,6 Milliarden Euro höher waren als im 1. Halbjahr 2023 und sich auf insgesamt 41,5 Milliarden Euro beliefen. Hauptgrund waren Anpassungen der Regelsätze im Bereich der Sozialhilfe und im Bürgergeld zum 1. Januar 2024. Die stufenweise Umsetzung der Reform der Kinder- und Jugendhilfe nach SGB VIII von 2021 - im Jahr 2024 betrifft dies den Anspruch auf Inklusionslotsen zur Unterstützung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen - ließen diese Leistungen um 17,4 % auf rund 9,0 Milliarden Euro steigen. Die Ausgaben für Eingliederungshilfen nach SGB IX erhöhten sich gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 15,1 % auf 11,2 Milliarden Euro. Darüber hinaus stiegen die Leistungen der Sozialhilfe nach SGB XII um 11,3 % auf 10,3 Milliarden Euro.
Auch die kommunalen Leistungen nach SGB II - überwiegend für Unterkunft und Heizung - stiegen weiter kräftig um 7,0 % auf 7,5 Milliarden Euro. Die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz lagen nahezu unverändert bei 1,9 Milliarden Euro (+1,7 %).
Neben den Ausgaben für Sozialleistungen wuchsen auch die Personalausgaben um 9,1 % auf 40,5 Milliarden Euro kräftig. Die laufenden Sachaufwendungen stiegen um 7,1 % und die Sachinvestitionen um 5,9 % und damit langsamer als die gesamten Ausgaben der Kernhaushalte.
Steuereinnahmen stagnieren
Die bereinigten Einnahmen der kommunalen Kernhaushalte waren im 1. Halbjahr 2024 mit 152,0 Milliarden Euro um 3,3 % oder 4,8 Milliarden Euro höher als im 1. Halbjahr 2023.
Die Einnahmen aus Steuern (netto) blieben mit 55,0 Milliarden Euro im 1. Halbjahr 2024 um 25 Millionen Euro niedriger als im 1. Halbjahr 2023. Die Einnahmen aus der Gewerbesteuer (netto) stiegen dabei um 3,1 %. Ausschlaggebend für die stagnierenden Steuereinnahmen sind die Gemeindeanteile an den Gemeinschaftssteuern. Während der Anteil an der Umsatzsteuer um 3,5 % auf 2,4 Milliarden Euro stieg, sind die Anteile an der Einkommensteuer um 9,3 % auf 13,1 Milliarden Euro gesunken. Grund sind veränderte Verrechnungen zum Gemeindeanteil des Vorjahrs zwischen Ländern und Gemeinden.
Die Schlüsselzuweisungen beliefen sich auf 26,9 Milliarden Euro (+2,5 %). Die Kernhaushalte der Gemeinden und Gemeindeverbände nahmen etwas höhere Verwaltungs- und Benutzungsgebühren ein (+4,4 %). Die Zuweisungen der Länder für Investitionen stiegen im 1. Halbjahr 2024 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nur um 1,0 % auf 5,0 Milliarden Euro.
Vergleichbarkeit wegen Änderung der erfassten Einheiten des ÖPNV eingeschränkt
Wegen der Einführung des Deutschlandtickets und der damit verbundenen größeren Abhängigkeit von öffentlichen Zuweisungen wurden etwa 370 kommunale ÖPNV-Unternehmen und -verbände ab dem 2. Quartal 2023 erstmals als Extrahaushalte in die vierteljährliche Kassenstatistik einbezogen. Diese Neuaufnahmen beeinträchtigen den Vorjahresvergleich insbesondere bei den Personalausgaben, den Ausgaben für den laufenden Sachaufwand und den Einnahmen aus Verwaltungs- und Benutzungsgebühren der zusammengefassten Ergebnisse der Kern- und Extrahaushalte.
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