Stuttgarter Nachrichten: Historiker Michael Wolffsohn: Struck spielt Thema herunter
Stuttgart (ots)
Stuttgart Der Historiker Michael Wolffsohn von der Universität der Bundeswehr in München wirft Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) vor, die jüngsten Foltervorwürfe in einer Kaserne in Coesfeld herunter zu spielen. Den Stuttgarter Nachrichten (Donnerstag) sagte er: Hier sind Staatsbürger in Uniform während der Ausübung ihrer Dienst- und Bürgerpflicht gequält worden. Dafür kann es keine Rechtfertigung, geschweige denn eine Entschuldigung geben. Der Verteidigungsminister lehnt den Begriff Folter ab aber es war offensichtlich Folter, die die Rekruten erdulden mussten.
Die Situation in Coesfeld sei wegen fehlender Zivilcourage entgleist, so Wolffsohn: Wie in anderen Gesellschaftsteilen, haben viele weggeschaut obwohl es hier Vertreter der staatlichen Instanz Bundeswehr waren, die Bürger in Uniformen quälten. Die Ereignisse zeigten, dass auch in einer Wehrpflichtarmee die Kontrolle der Gesellschaft versage obwohl es keinen Staat im Staat gäbe. Die Wehrpflicht muss fallen, weil die Bundeswehr zu einer Interventionsarmee im Ausland geworden ist. Ich fürchte allerdings, es werden nicht nur Lyriker oder Dichter und Denken sein, die einer Berufsarmee beitreten. Und leider entspricht auch die Qualität des Führungspersonals nicht mehr früheren Standards.
Im Mai hatte Minister Struck den Historiker scharf kritisiert, als der öffentlich zur Diskussion stellte, ob Folter im Falle eines übergesetzlichen Notstands zum Schutz der Bevölkerung vor Terroranschlägen vertretbar sei. Wolffsohn: Struck sollte heute mit gleicher Heftigkeit die aktuellen Foltervorwürfe klären und sie verurteilen. Aber wer im Glashaus sitzt, darf nicht mit Steinen werfen.
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