Lausitzer Rundschau: Zu Grenzkontrollen im Schengen-Raum
Cottbus (ots)
Erst Franzosen und Italiener, nun Dänen und Polen: Grenzkontrollen kommen in der EU wieder in Mode. Verabschiedet sich Europa womöglich Schritt für Schritt vom Schengen-Prinzip der ungebremsten Reisefreiheit? Gemach! Zunächst gilt es, Äpfel von Birnen zu unterscheiden. Was die Dänen tun, ist skandalös. Sie begründen die Rückkehr zu Kontrollen mit dem pauschalen Verweis auf eine Bedrohung durch osteuropäische Kriminelle. Diese Art von Generalverdacht darf in der EU keinen Platz finden. Die Dänen stellen unter dem Druck des erstarkenden Rechtspopulismus die Grundidee der Freizügigkeit infrage und untergraben so das Fundament der Europäischen Union. Brüssel sollte diesem Kopenhagener Treiben schnell ein Ende bereiten. Sonst steht über kurz oder lang tatsächlich das Schengen-Abkommen auf dem Spiel. Das aber wäre - ähnlich wie ein Aus für die Währungsunion - der Anfang vom Ende der EU. Der Fall Frankreich/Italien ist anders gelagert als der dänische. Hier geht es um ein hoffentlich zeitlich begrenztes Problem, dem sich Europa stellen muss. Das italienische Klagen über nicht enden wollende Flüchtlingsströme aus Nordafrika mag überzogen sein. Dennoch können in diesem Zusammenhang befristete Kontrollen sinnvoll sein, um einen plötzlichen Migrationsdruck solidarisch abfedern zu können. Darüber muss man jedenfalls unaufgeregt diskutieren dürfen. Noch einmal etwas anderes ist die Situation in Polen vor der Fußball-EM. Wenn Warschau im Sommer 2012 an den Grenzen wieder Ausweise kontrollieren will, so ist dies nicht nur im Interesse aller - schließlich kann niemand einen Zusammenprall internationaler Hooligan-Banden wollen. Das Schengen-Abkommen sieht ein solches Vorgehen sogar ausdrücklich vor. Genau dies weist den einzig denkbaren Weg, auf dem Europa vorankommen kann. Der Kontinent braucht gezielte Lösungen für konkrete Probleme. Wenn Kriminelle aus Osteuropa in Dänemark ihr Unwesen treiben, was ja keineswegs ausgeschlossen ist, so bedarf es schlicht einer besseren internationalen Koordination der Polizeiarbeit. Mit seiner Show-Politik spielt Kopenhagen nur unverbesserlichen Nationalisten in die Hände.
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