Lausitzer Rundschau: An der Nase herumgeführt Zum angeblichen Doping-Geständnis von Lance Armstrong
Cottbus (ots)
Der große Blender soll gebeichtet haben. Nach allem, was zuletzt schon über das ausgeklügelte Dopingsystem von Lance Armstrong ans Licht gekommen ist, mag das keine Überraschung mehr sein. Diese endgültige Gewissheit, die mit dem offensichtlichen Geständnis des Tour-Seriensiegers bei der US-Talkmasterin Oprah Winfrey einhergeht, dürfte dennoch noch mal aufwühlen - nämlich all jene, die jahrelang keine einzige Etappe der Tour de France am Fernsehapparat verpasst haben, die (im Nachhinein betrachtet) blauäugig mitgefiebert haben, weil ihr Glaube an das Gute so unerschütterlich ist. Dieses Vertrauen wurde brutal missbraucht. Armstrong habe jetzt mit sich ins Reine kommen wollen, heißt es. Tatsächlich? Viel eher ist ihm wohl daran gelegen, mittels Geständnis und Aussage gegen Mitwisser auf Funktionärsebene seine Sperre reduziert zu bekommen und weiteren finanziellen Schaden abzuwenden. Alles Kalkül. Wie auch immer: Die endgültige Gewissheit, hier jahrelang (und ja nicht nur durch Armstrong) ordentlich an der Nase herumgeführt worden zu sein, ist ein Schlag ins Gesicht. Diese Zerstörung eines ganzen (Sport-) Weltbildes, mag es auch naiv gewesen sein, macht richtig wütend und wirft zudem so einige Fragen auf: Warum hat der Ex-Lausitzer Andreas Klöden eigentlich auf Dopingvorwürfe so heftig mit Presseboykott reagiert? Und was war das damals bloß für eine merkwürdige Geschichte mit Danilo Hondo, der nicht gewusst haben will, wie das Aufputschmittel Carphedon in seinen Körper geraten ist? Dieter Baumanns Zahnpasta geht mir auch nicht aus dem Kopf. Die hat man dem Olympiasieger über 5000 Meter angeblich hinterrücks mit dem anabolen Steroid Nandrolon präpariert. Es ließe sich beliebig fortsetzen: US-amerikanische Sprinter, weißrussische Hammerwerfer, nordkoreanische Fußballerinnen. . . Wieviel Vertrauen soll und darf man noch haben in Zeiten, da Leichtathleten vom PSV Grün-Weiß Kassel positiv auf Epo getestet werden? Ungeachtet dessen, was der Branche wohl Bahnbrechendes in Sachen Anti-Doping einfallen wird, stellt sich vorerst unweigerlich die Frage, wie der gemeine Lausitzer nun künftig vor dem Fernseher mit sportlichen Spitzenleistungen umzugehen hat - sei es beim Biathlon, Schwimmen oder in der Leichtathletik. Wie uneingeschränkt und vorbehaltlos darf er seinen lokalen Sporthelden zujubeln? Eins ist klar: Wer meint, dass Armstrong künftig bei seinen neu entdeckten Triathlon-Rennen (so er denn dank Beichte dort wieder antreten darf) vollkommen sauber am Start steht, soll das ruhig glauben. Ich vermag das nicht mehr.
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